Das KG Berlin (Urt. v. 18.07.2006 - Az.: 5 W 156/06: PDF) hat entschieden, dass die fernabsatzrechtliche Widerrufsfrist nicht wie internetweit-üblich 14 Tage beträgt, sondern vielmehr 1 Monat.
"Die Dauer der Widerrufsfrist für Fernabsatzverträge (...) beträgt zwar grundsätzlich zwei Wochen (...), abweichend davon jedoch dann einen Monat, wenn die in Textform mitzuteilende Widerrufsbelehrung erst nach Vertragsschluss mitgeteilt wird (...). Letzteres ist hier der Fall.
Das ergibt sich aus Folgendem: Die hier in Rede stehende Belehrung im Internet-Auftritt der Antragsgegnerin ist dem Verbraucher zwar schon vor Vertragsschluss zugänglich. Sie ist jedoch keine Widerrufsbelehrung
"in Textform", die dem Verbraucher "mitgeteilt" wird.
"Textform" erfordert (...) unter anderem, dass die Erklärung in einer Urkunde
oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignete Weise abgegeben ist. Danach ist die im Internetauftritt des Antragsgegners zu findende Widerrufsbelehrung - entgegen der Auffassung des Landgerichts - keine solche, die dem Verbraucher in "Textform" mitgeteilt wird.
Denn bei Texten, die in das Internet eingestellt, dem Empfänger aber nicht (beispielsweise per E-Mail) übermittelt worden sind, ist § 126b BGB nur gewahrt, wenn es tatsächlich zur Perpetuierung der Erklärung beim abrufenden Verbraucher (Ausdruck der Seite oder Download, d.h. Abspeicherung auf der eigenen Festplatte) kommt (...)."
Mit anderen Worten: Da es bei eBay nicht möglich ist, dem Käufer vor Abschluss des Kaufvertrages eine Mail mit der Widerrufsbelehrung zu senden, sondern erst hinterher, so soll laut dem KG Berlin bei der Online-Plattform nicht das übliche 14-tägige Widerrufsrecht, sondern die 1-Monats-Frist (§ 355 Abs.2 S.2 BGB) gelten.
Kommentar von RA Dr. Bahr:
Die aktuelle Entscheidung wird zu einer neuen, wunderschönen Abmahnwelle bei eBay-Shops führen, da kaum einer der Powerseller geschweige denn der sonstigen unternehmerisch tätigen Personen auf der Online-Plattform die nach dem KG erforderliche Widerrufsbelehrung hinsichtlich der 1-Monats-Frist hat. Das Urteil ist somit eine wunderbare ABM-Maßnahme für Massenabmahnungen, wenn denn die üblichen "Klassiker" Impressum, Markenrecht und PAngVO nichts mehr hergeben sollten.
Die Rechtsprechung zum Fernabsatzrecht nimmt immer buntere Formen an. Von Rechtssicherheit kann schon lange keine Rede mehr sein. Selbst derjenige, der den amtlichen Vordruck nach der BGB-InfoVO benutzt, verhält sich wettbewerbswidrig, wie vor kurzem das LG Halle (Urt. v. 13.05. 2005 - Az.: 1 S 28/05) entschied.
Mit der detailierten Gesetzessystematik und der umfangreichen Rechtsprechung ist es exakt zu dem Umstand gekommen, der eigentlich gerade vermieden werden sollte: Niemand kann mehr mit der erforderlichen Gewißheit sagen, wie genau bestimmte Formulierungen in einem Online-Shop auszusehen haben, damit sie bundesweit vor den Gerichten Bestand haben.