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LG Berlin: Aktivierungsmail bei Double-Opt-In erlaubt

Das LG Berlin (Urt. v. 23.01.2007 - Az.: 15 O 346/06: PDF via MIR) hat entschieden, dass die Check-Mail bei einem Double-Opt-In-Verfahren für eine Newsletter-Bestellung kein Spam ist.

Das Gericht vertritt damit - objektiv gesehen - eine klare Mindermeinung, da die Mehrheit der bislang angerufenen Gerichte in identischen oder ähnlichen Fällen eine Mitstörerhaftung bejaht hat.

Das LG Rostock (Beschl. v. 24.06.2003 - Az.: 1 S 49/03) hat die Mitstörerhaftung eines Portal-Betreibers bejaht, wenn er Dritten unkontrolliert die Möglichkeit zur Verfügung stellt, E-Cards zu versenden. Dieselbe Ansicht vertritt auch das LG München (Urt. v. 05.11.2002 - Az.: 33 O 17030/02; Urt. v. 15.04.2003 - Az.: 33 O 5791/03). Auch das OLG München (Urt. v. 12.02.2004 - Az.: 8 U 4223/03) hat diese Rechtsprechung bestätigt.

Ähnliches gilt für Newsletter: Bei Verifizierung mittels Double-Opt-In kann sich ein Webseiten-Betreiber nach Ansicht des KG Berlin (Beschl. v. 08.01.2002 - Az.: 5 U 6727/00) und des LG Berlin (Beschl. v. 19.09.2002 - Az.: 16 O 515/02) nicht sicher sein, dass er nicht wegen Spamming abgemahnt wird. Denn die Berliner Richter werteten schon die erste, die sog. "Check"-Mail als Spam und somit als Abmahnungsgrund.

Nun hat eine andere Kammer des LG Berlin (Urt. v. 23.01.2007 - Az.: 15 O 346/06: PDF via MIR) aktuell anders entschieden und eine Mitstörerhaftung für Check-Mails abgelehnt:

"Es ist der Antragsgegnerin nicht zuzumuten, in jedem Einzelfall sicherzustellen, dass das sogenannte Double-Opt-In-Verfahren, das sie nach ihrer Darstellung der Versendung ihres Newsletters vorgeschaltet hat, nicht missbraucht wird.

Diese Feststellung ist das Ergebnis einer Abwägung der widerstreitenden Interessen, d. h. des Interesses des Antragstellers, durch unerwünschte E-Mails werbenden Inhalts nicht behelligt zu werden, einerseits sowie des Interesses der Antragsgegnerin an einer möglichst unkomplizierten Verbreitung ihres Newsletters andererseits unter Berücksichtigung des Zwecks des Double-Opt-In-Verfahrens und der Gefahr seines Missbrauchs.

Die Beeinträchigung, der der Antragsgegner mit der Zusendung der streitgegenständlichen E-Mail ausgesetzt war, wer als gering anzusehen. Seien Beeinträchtigung war nicht schwerwiegender als in jedem anderen Fall der Zusendung einer beliebigen falsch adressierten E-Mail. Tatsächlich dürfte der Aufwand, der erforderlich ist, um die streitgegenständliche E-Mail als unverlangt zugesendete Post einzuordnen, wegen ihrer Kürze und ihres eindeutigen Inhalt weniger groß sein, als dies bei Irrläufern aus dem privaten und geschäftlichen Bereich sonst der Fall ist.

Die Belästigung durch den Empfang versehentlich oder absichtlich fehlgeleiteter elektronischer Post gehört aber zu den Nachteilen, die derjenige, der am E-Mail-Verkehr durch die Einrichtung einer E-Mail-Adresse teilnimmt, als mit der Teilnahme an diesem Verkehr verbundene sozialadäquate Belästigung hinzunehmen hat."


Jedoch gilt dies nicht unbeschränkt:

"Der Gefahr des Missbrauchs des angebotenen Verfahrens zur Bestellung des Newsletters mit dem Ziel, Dritte zu belästigen oder zu ärgern, hat die Antragsgegnerin zudem vorgebeugt, indem die tatsächliche Versendung des Newsletters davon abhängig gemacht wird, dass der Empfänger einer E-Mail der streitgegenständlichen Art noch einmal aktiv wird und seinen Wunsch, den Newsletter zu erhalten, bestätigt.

Schließlich fällt zugunsten der Antragsgegnerin ins Gewicht, dass sie das Double-Opt-In-Verfahren eingeführt hat, um die Gefahr der Belästigung anderer durch missbräuchliche Bestellungen ihres Newsletters zu verringern, während dem Antragsteller aus den oben genannten Gründen ohnehin kein vollkommener Schutz vor unerwünschter Post zugebilligt werden kann, wenn er seine E-Mail-Adresse einrichtet.

Anders mag die Frage der Störerhaftung der Antragsgegnerin zu beurteilen sein, wenn andere durch Missbrauch ihrer Double-Opt-In-Verfahrens mit massenhaften und/oder zahlreichen E-Mails belästigt werden. Ein solcher Fall war hier aber nicht zu entscheiden. Der Antragsteller hat lediglich eine E-Mail erhalten."


Ein Licht am Ende des Tunnels? Leider wohl kaum.

Das LG Berlin spricht hier endlich etwas aus, worauf jeder halbwegs vernünftigte Internet-User seit langem gewartet hat: Check-Mails haben ihren Sinn und lösen gerade keine Haftung aus. Anders als andere Gerichte berücksichtigt die aktuelle Entscheidung zutreffend die technischen Besonderheiten des Internets.

Der rechtliche Wahnsinn und die bestehende Unsicherheit hinsichtlich Newsletter ist durch das Urteil aber keineswegs gebannt. Im Gegenteil, vielmehr ist davon auszugehen, dass die Entscheidung nahezu alleine auf weiter Flur bleiben wird, denn die Rechtsprechung bejaht angesichts der Spam-Problematik immer früher und weitgehender die Mitstörerhaftung.

Lediglich das kleine, unscheinbare AG Brakel war bereits im Jahre 2003 dieser Ansicht, vgl. die Kanzlei-Infos v. 19.08.2004.

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