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LG Köln: Haftung einer Internet-Plattform für fremde Urheberrechtsverletzungen

Das LG Köln hat in einem Urteil (Urt. v. 09.04.2008 - Az.: 28 O 690/07) entschieden, dass eine Internet-Plattform bereits dann für fremde Urheberrechtsverletzungen haftet, wenn sie sich eigene Nutzungsrechte an den Inhalten einräumen lässt.

Ein Model stellte ihre Fotos in ihr Profil einer Escort-Service-Plattform im Internet ein. Nach den AGB des Betreibers ließ dieser sich die uneingeschränkten Nutzungsrechte an den Bildern einräumen.

Der Fotograf, der eine solche Verwendung der angefertigten Bilder nicht gestattet hatte, nahm den Betreiber der Plattform auf Unterlassung in Anspruch.

Die Kölner Richter bejahen eine eigene Haftung des Plattform-Betreibers. Es ging hier also nicht um den eigentlichen typischen Fall der Mitstörerhaftung für fremde Urheberrechtsverletzungen, sondern vielmehr um die Eigenhaftung.

Die Juristen sind nämlich der Ansicht, dass durch die Einräumung der Nutzungsrechte sich der Anbieter die Inhalte zu eigen gemacht hat.

"Für ein entsprechendes Zu-Eigen-Machen der Inhalte (...) spricht insbesondere, dass sie sich ein uneingeschränktes und unwiderrufliches Nutzungsrecht an allen von Kunden eingestellten Beiträgen einräumen lässt (...).

Angesichts dessen kann sich die Verfügungsbeklagte auch nicht mit Erfolg auf Ziffer 4.1 ihrer AGB berufen, wonach sie keine Haftung für die Inhalte der Teilnehmerbeiträge übernimmt; denn eine solche pauschale Haftungsfreizeichnung ist angesichts der aufgezeigten Übernahme der fremden Beiträge als eigener Inhalt gemäß § 242 BGB unbeachtlich (...)."


Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Das aktuelle Urteil schließt thematisch an die "Steff Graf nackt"-Entscheidung des OLG Köln aus dem Jahre 2002 an. Damals ging es um die Frage, ob Microsoft sich die fremden Inhalte einer Homepage ebenfalls dadurch zu eigen gemacht hatte, weil sie diese sehr stark in ihre Portal-Struktur eingebettet hatte. Die OLG-Richter bejahten diese Frage.

Sowohl die damalige als auch die das heutige Entscheidung ist inhaltlich wenig überzeugend begründet, denn mit dieser Argumentation verschwimmen die vom Gesetz bewusst aufgestellten Grenzen zwischen "fremden" und "eigenen" Inhalten und die sich daraus ergebenden Haftungsprivilegien. Mit dieser Begründung kann praktisch jedes Gericht - quasi durch die Hintertür - zu dem gewünschten Ergebnis kommen.

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