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OLG Frankfurt: Mitstörerhaftung bei Fax-Spamming

Das OLG Frankfurt (Beschl. v. 12. Juni 2003 - Az: 6 U 87/02) hatte als Berufungsinstanz über das Fax-Spamming-Urteil des LG Gießen (Urt. v. 26.04.2002 – Az.: 3 O 22/02) zu entscheiden.

Das LG Gießen war der Ansicht gewesen, dass das bloße Zurverfügungstellen einer Mehrwertdienst-Rufnummer keine Störerhaftung begründet, denn hierdurch werde kein adäquat kausaler Handlungsbeitrag für das Fax-Spamming geleistet.

(Anmerkung: Der Sachverhalt spielte noch vor Inkrafttreten des § 13 a TKV im August 2002, vgl. den Aufsatz von RA Dr. Bahr: Mitstörerhaftung bei unverlangt zugesandter Fax-Werbung: Reichweite und Bedeutung des neuen § 13 a TKV).

Nun haben die Parteien in 2. Instanz den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Damit ist auch das Urteil des LG Gießen aus der 1. Instanz wirkungslos. Das Gericht hat in diesen Fällen nur noch über die angefallenen Kosten zu entscheiden. Nach § 91 a Abs.1 S.1 ZPO geschieht dies nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitgegenstandes. Vorrangiges Beurteilungskriterium ist, in welchem Umfang die für erledigt erklärte Klage in einer mündlichen Verhandlung erfolgreich gewesen wäre.

Aus eben diesem Grund ist der vorliegende Kostenbeschluss interessant. Denn auf mehr als 6 Seiten setzt sich das OLG Frankfurt dadurch mittelbar mit den aufgeworfenen Rechtsfragen auseinander. Freilich handelt es sich bei dieser Stellungnahmer um keine verbindliche und abschließende. Alleine der quantitative Umfang zeigt jedoch, dass das OLG sich z.T. eingehend mit den Problemen beschäftigt hat und somit die geäußerten Erwägungen durchaus erhebliche materiell-rechtliche Substanz haben.

Die Frankfurter Richter erteilen der Ansicht des LG Gießen eine klare Absage:

"Die Beklagte hat an den Wettbewerbsverstößen der Fa. (...) adäquat kausal mitgewirkt, indem sie der Fa. IRC die Mehrwertdienstenummer als Inkassoinstrument zur Verfügung gestellt hat.
(...)
Es fehlt hier auch nicht an der Adäquanz bzw. dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang. Unter diesem Gesichtspunkt kann man zwar die Frage aufwerfen, ob die Mehrwertdienstenummer in der vorliegenden Konstellation nicht einfach durch ein anderes "Inkassoinstrument" (wie etwa die Angabe einer Kontonummer o.a.) ersetzt werden könnte, ohne daß sich die Bewertung des Wettbewerbsverstoßes ändern würde.

Diese Frage ist nach der Einschätzung des Senats jedoch zu verneinen.

Die Angabe einer Mehrwertdienstenummer ist für den Wettbewerbsverstoß der Fa. (...) nämlich von wesentlicher, gleichsam prägender Bedeutung. Auf diese Weise kann die Fa. (...) ein wirtschaftliches Ergebnis erzielen, das bei der Verwendung konventioneller "Inkassoinstrumente", wie etwa der Angabe einer Kontonummer, nicht erreichbar wäre.

Die Verwendung einer Mehrwertdienstenummer ermöglicht ein Zusammenspiel zwischen Übertragungs- und Bezahlvorgang, bei dem die erforderliche Mitwirkung des Adressaten auf das Ankreuzen eines Kästchens und das Zurückfaxen des Schreibens beschränkt ist. Nur infolge dieser größtmöglichen Vereinfachung des Übertragungs- und Inkassoweges lassen sich die erzielten Rückiaufzahlen erreichen. Die unverlangte Telefaxversendung und die Angabe der Mehrwertdienstenummer hängen somit durch das Geschäftsinteresse der Fa. (...) fest verbundenen, zusammen."


Außerordentlich fraglich ist, ob die Richter nicht an dieser Stelle den haftungsrechtlichen Bogen überspannen. Denn an der eigentlichen rechtswidrigen Handlung, dem Fax-Spamming, nimmt die Beklagte in keinerlei Form (Verleihung des Fax-Gerätes oder Fax-Anschlusses) teil.

Im weiteren erteilen die Richter der Rechtsansicht des LG Wuppertals (vgl. die Kanzlei-Info v. 20.07.2003) eine klare Absage. Die Wuppertaler Richter hatten eine Mithaftung nach § 13 a TKV deswegen verneint, weil sie der Ansicht waren, der Netz-Betreiber habe alles Erforderliche getan, als er seinen Kunden anwies, den betreffenden Dritten von der Fax-Empfangsliste zu streichen. Eine weitergehende Verpflichtung (z.B. Abmahnung, außerordentliche Kündigung) könne dem Netz-Betreiber hier nicht auferlegt werden.

Die vorliegende Problematik, inwieweit den Mehrwertdienste-Betreiber eine Pflicht zur Sperrung trifft, ist inzwischen durch den im August 2002 neu eingeführten § 13 a TKV obsolet geworden. Denn in dieser Norm ist nunmehr ausdrücklich die Mitstörerhaftung geregelt, vgl. den Aufsatz von RA Dr. Bahr: Mitstörerhaftung bei unverlangt zugesandter Fax-Werbung: Reichweite und Bedeutung des neuen § 13 a TKV.


(Danksagung: Auf die Entscheidung hat uns freundlicherweise die IHK Frankfurt a.M., Herr Grünbaum aufmerksam gemacht.)

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