Kanzlei Dr. Bahr
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Sind Markennamen bei Domains etwa doch erlaubt?

Ein Artikel von Rechtsanwalt Dr. Bahr 


1. Einführung
Zwei Urteile aus der jüngeren Vergangenheit lassen einen aufhorchen und die Frage stellen, ob Markennamen bei Domains etwa doch erlaubt sind.

Es handelt sich dabei um zwei Entscheidungen des OLG Hamburg. Einmal das Urt. v. 06.11.2003 (Az.: 5 U 64/03 - schufafreierkredit.de) und einmal das Urt. v. 18.12.2003 (Az.: 3 U 117/03 - awd-aussteiger.de).

In beiden Fällen enthielten die jeweiligen Domainnamen einen geschützten Markenbegriff, dennoch lehnten die Richter eine Rechtsverletzung ab, weil keine "kennzeichenmäßige Benutzung" vorlag. 


2. Merkmal der "kennzeichenmäßigen Benutzung"
Viele Leser werden sich jetzt die Augen reiben und fragen: Was ist denn das schon wieder? Was haben sich die Juristen hier schon wieder ausgedacht?

Fast alle Internet-Benutzer kennen die goldene Regel, fremde Marken- oder Unternehmensnamen niemals als Domains zu registrieren, denn der Ärger in Form kostenpflichtiger Abmahnungen ist dann vorherprogrammiert. Nun scheinen die beiden Urteile des OLG Hamburg in klarem Widerspruch zu dieser allseits bekannten Regel zu stehen.

Dieser Schein trügt jedoch. Vielmehr handelt es sich um eng begrenzte Ausnahmefälle. Es ist daher zwingend notwendig, sich das Merkmal der "kennzeichenmäßigen Benutzung" ein wenig genauer anzuschauen.

Neben den sonstigen Voraussetzungen verlangt das Markenrecht für einen Unterlassungsanspruch das ungeschriebene Merkmal der "kennzeichenmäßigen Benutzung". Eine "kennzeichenmäßige Benutzung" liegt nach Ansicht der Rechtsprechung vor, wenn der Markenbegriff als herkunftshinweisend verwendet wird. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn damit das eigene Produkt von den übrigen abgegrenzt und unterschieden werden soll.

Das OLG Hamburg (Urt. v. 06.11.2003 - Az.: 5 U 64/03: schufafreierkredit.de) führt in diesem Zusammenhang aus:
 

"Nach inzwischen gesicherter Rechtsprechung des EuGH und des BGH ist Voraussetzung auch des Verbotstatbestandes aus § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG, dass die Marke in der als verletzend beanstandeten Form zeichenmäßig, mithin herkunftshinweisend verwendet wird (...), die Verwendung also im Rahmen des Produktabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren eines Unternehmens von denen anderer dient.

Mithin hängt also die Frage, ob (...) § 14 Abs. 2 MarkenG (...) anwendbar [ist](...), davon ab, ob die Marke zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen eines bestimmten Unternehmens, also als Marke, benutzt wird oder ob die Benutzung zu anderen Zwecken erfolgt (...).

Eine Benutzung zu anderen Zwecken liegt (...) insbesondere dann vor, wenn der Dritte im Rahmen eines Verkaufsgesprächs mit einem potentiellen Kunden, der in dem einschlägigen Sachgebiet fachkundig ist, auf die Marke Bezug nimmt, diese Bezugnahme ausschließlich zu dem Zweck erfolgt, den potentiellen Kunden, der die Merkmale der Waren der betreffenden Marke kennt, über die Merkmale der angebotenen Ware zu informieren und die Bezugnahme von dem potentiellen Kunden nicht als Hinweis auf die Herkunft der Ware verstanden werden kann (...)."

Diese Voraussetzungen prüfte das OLG Hamburg nun auch in der "schufafreierkredit.de"-Entscheidung und kam zu einem negativen Ergebnis:

"Bereits diese Voraussetzung des kennzeichnenden Gebrauchs fehlt vorliegend bzw. ist zumindest nicht hinreichend sicher feststellbar, obwohl die angegriffenen Internetdomains die geschützte Bezeichnung SCHUFA jeweils vollständig in einer Art und Weise enthalten, in dem die bekannte Kennzeichnung auch von dem Verkehr als solche erkannt wird. (...).

Aus der maßgeblichen Sicht der angesprochenen Verkehrskreise spricht zumindest keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass hinter solchen Bezeichnungen stets nur ein bestimmtes Unternehmen steht, so dass bereits der Domain-Name seine Funktion als Herkunftshinweis nicht erfüllt. (...)

Vielmehr legen Bezeichnungen wie die von der Antragstellerin angegriffenen Domainnamen dem Verkehr die Annahme nahe, sie stünden z.B. für sog. Internet-Portale bzw. ein Suchangebot, über die sich der Zugang zu bestimmten Kategorien von Leistungen eröffnet.

Für den Internet-Nutzer, der die Dienste des Antragsgegners noch nicht kennt, liegt die Vermutung nahe, über die genannten Internet-Domains könne er sich z.B. eine Übersicht über "schufafreie" Kreditangebote unterschiedlicher Anbieter erschließen bzw. von dort auf die homepages solcher Anbieter verzweigen. Er hat keine hinreichende Veranlassung zu der Annahme, dass sich ihm unter dieser Domain-Bezeichnung (nur) das Angebot eines bestimmten Anbieters präsentiert."

Aber selbst wenn man im vorliegenden Fall eine kennzeichenmäßige Verwendung bejahen würde, läge ein Fall der erlaubten, produktbeschreibenden Benutzung nach § 23 MarkenG vor, so die Richter:

"Der Antragsgegner verwendet den Begriff SCHUFA in den angegriffenen Domainbezeichnungen im Ergebnis produktbeschreibend (...). 

Damit bedient sich der Antragsgegner nur eines Sprachgebrauchs, der sich in Deutschland - im Widerspruch zu der tatsächlichen Rechtslage - bei der Verwendung der Marke bzw. Unternehmenskennzeichnung der Antragstellerin "eingebürgert" hat.

Gerade weil eine (einwandfreie) SCHUFA-Auskunft in Deutschland zu einem quasi-offiziellen "Testat" im Zuge der Einholung von Bonitätsinformationen geworden ist und niemand im seriösen Wirtschaftsleben an ihr vorbeikommt, beschreibt der Begriff SCHUFA in der Wahrnehmung weiter Teile der angesprochenen Verkehrskreise im Ergebnis ein Unbedenklichkeitskriterium für die Kreditvergabe."

Die identische Problematik hatte das OLG Hamburg im Fall der Domain "awd-aussteiger.de" (Urt. v. 18.12.2003 - Az.: 3 U 117/03) zu beurteilen und lehnte dort ebenfalls mangels des kennzeichenmäßigen Gebrauchs einen Unterlassungsanspruch ab.


3. Ergebnis
Nicht jede Verwendung einer geschützten Kennzeichens in einem Domainnamen führt somit automatisch zu einer Rechtsverletzung. Wie die beiden Hamburger Urteile zeigen, ist es möglich, dass eine Benutzung durchaus erlaubt sein kann. Dabei ist jedoch das Regel-Ausnahme-Verhältnis zu beachten. D.h. grundsätzlich verstößt die Benutzung von Kennzeichen in Domainnamen gegen geltendes Recht, da sie kennzeichenmäßig geschieht. Nur in in wenigen, eng begrenzten Ausnahmenfällen ist eine Verwendung rechtmäßig.