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Kategorie: Onlinerecht

LG Stade: Jede noch so kleinste Werbung in Autoreply-E-Mail ist unerlaubter Spam

Selbst kleinste Werbehinweise in Autoreply-E-Mails sind unzulässiger Spam und somit ein Rechtsverstoß.

Jede noch so kleinste Werbung in einer Autoreply-E-Mail ist unerlaubter Spam und stellt einen Rechtsverstoß dar (LG Stade, Beschl. v. 30.10.2024 - Az.: 3 S 24/24).

Der Kläger fragte per E-Mail bei der Beklagten, einem Online-Shop für Bekleidung, an, ob er bei ihr einen Gutschein über 50 EUR erwerben könne.

Daraufhin erhielt er per E-Mail eine Autoreply-Nachricht, in der unter anderem Lieferzeiten für bestimmte Produkte angegeben waren, die Angabe enthalten war, dass das Unternehmen “nur hochwertige Produkte” versende und dass ein Umtausch kostenlos sei.

Der Kläger sah darin eine unzulässige E-Mail-Werbung und klagte auf Unterlassung.

Erste Instanz: AG Gestland verneint Anspruch

In der 1. Instanz vor dem AG Gestland (Urt. v. 29.04.2024 - Az.: 3 C 438/23) verneinte das Gericht einen solchen Anspruch, da die betreffende elektronische Nachricht keine Werbung enthalten habe:

"Das Gericht erlaubt sich aus dem Urteil des Amtsgerichtes Augsburg vom 09.06.2023 – 12 C 11/23, ebenfalls vom hiesigen Kläger erstritten, zu zitieren:

„(…) a) Der Begriff der Werbung umfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung – z.B. in Form der Imagewerbung oder des Sponsoring – erfasst. Werbung ist deshalb in Übereinstimmung mit Art. 2 fit. a RL 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 12.12.2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. EU L 376, S. 21) jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern (vgl. BGH, Urteil vom 15.12.2015 – VI ZR 134/15). (…)"

Dieser Definition schließt sich der Unterzeichner an. Demnach kann der Unterzeichner in dem Hinweis auf Lieferschwierigkeiten bei bestimmten Produkten, auch mit dem Verweis nur Hochwertiges versenden zu wollen, verkaufsfördernde Maßnahmen nicht erblicken. 

Auch der Hinweis, ein Umtausch sei kostenlos, falls man ein falsches Produkt erhalten habe, dürfte lediglich ein Verweis auf die geltende Rechtslage gemäß § 439 Abs. 2 und Abs. 6 S. 2 BGB darstellen. Hierin ist ebenfalls
keine den Absatz fördernde Maßnahme des Beklagten zu erblicken." 

Zweite Instanz: LG Stade bejaht Anspruch 

In der Berufungsinstanz bewertete das LG Stade hingegen anders und sah in den Äußerungen eine Werbung, sodass die Autoreply-Nachricht unerlaubt war:

"Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts beinhalteten die streitgegenständlichen E-Mails Werbung. Jedenfalls die Nennung einzelner Produkte in Kombination mit dem Hinweis, man würde „nur qualitativ hochwertige Produkte
versenden“, ist als Werbung einzuordnen. 

Der Begriff der Werbung umfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung – beispielsweise in Form der Imagewerbung – erfasst. 

Werbung ist deshalb in Übereinstimmung mit Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. EU L 376 S. 21) jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern (BGH, Urteil vom 10. Juli
2018 – VI ZR 225/17 –, BGHZ 219, 233-242, Rn. 18, juris m.w.N.). 

Der Hinweis, der Beklagte möchte nur qualitativ hochwertiger Produkte versenden, dient der Absatzförderung. Neben Serviceleistungen ist die Qualität das entscheidende Kriterium beim Kauf eines Produktes. Der Verkäufer bezweckt mit der Anpreisung der Qualität seiner Waren das Interesse beim (potentiellen) Kunden zu wecken, was dazu auch geeignet ist. Hinzu kommt, dass hier ganz konkret auf zwei Produkte des Beklagten Bezug genommen wird (…), sodass diesbezüglich auch ersichtlich das Interesse des Lesers der E-Mail an diesen speziellen Produkten geweckt wird."

Etwas anderes ergebe sich, so die Richter, auch nicht aus dem Umstand, dass die E-Mail nur teilweise Werbung enthalten habe:

"Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Umstands, dass die streitgegenständlichen E-Mails nur zum Teil aus Werbung bestehen und teilweise aus der zulässigen Bestätigung des Erhalts der Anfrage des Klägers. 

Dies hat nicht zur Folge, dass durch die enthaltene zulässige Bestätigung von vornherein der Werbecharakter ausgeschlossen wäre, sondern stellt lediglich eine Nutzung dieser Kontaktaufnahme in zweifacher Hinsicht dar, was aber nicht dazu führt, dass die E-Mails wegen des zulässigen Teils insgesamt nicht mehr als Werbung anzusehen wären (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2015 – VI ZR 134/15 –, Rn. 19, juris)."

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