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OLG Frankfurt a.M.: Auskunftei darf Insolvenzdaten länger aufbewahren als Insolvenzbekanntmachungsportal

Eine Wirtschaftsauskunftei darf Insolvenzdaten länger aufbewahren als das amtliche Insolvenzbekanntmachungsportal (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 27.09.2022 - Az.: 7 U 16/22).

Der Kläger verlangte von der Beklagten, einer Auskunftei, die Löschung seiner Restschuldbefreiung und berief sich dabei auf § 3 InsoBekV. Da die Informationen bereits vom amtlichen Insolvenzbekanntmachungsportal gelöscht worden seien, müsse auch die Beklagte diese Informationen löschen.

In der 1., Instanz war er bereits vor dem LG Gießen gescheitert, vgl. unsere Kanzlei-News v. 13.10.2021.

Das OLG Frankfurt a.M. hat nun in der Berufungsinstanz diese Entscheidung bestätigt und klargestellt, dass Insolvenzdaten länger aufbewahrt werden dürfen als das amtliche Insolvenzbekanntmachungsportal.

"Die Beklagte ist nicht gemäß Art. 17 Abs. 1 d) DS-GVO zur Löschung der Information über die Erteilung der Restschuldbefreiung verpflichtet. Die Datenverarbeitung war rechtmäßig, weil sie gemäß Art. 6 Abs. 1 f) DS-GVO zulässig war. Es besteht ein berechtigtes Interesse der Beklagten und ihrer Vertragspartner an der Datenverarbeitung, welches die Interessen, Grundrechte und Grundfreiheiten des Klägers überwiegt.

Bei der Erhebung, Speicherung und Weitergabe der genannten Informationen über den Kläger handelt es sich um eine Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Beklagte, bei der es sich um die Verantwortliche im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DS-GVO handelt, gemäß Art. 4 DS-GVO. Ihr Handeln ist rechtmäßig im Sinne von Art. 17 Abs. 1 d) und Art. 6 DS-GVO, wenn der Betroffene eingewilligt hat; dies ist vorliegend nicht der Fall.

Rechtmäßigkeit ist ansonsten nur dann gegeben, wenn hierfür eine gesetzliche Grundlage besteht. Diese kann nach Art. 6 Abs. 1 f) DS-GVO gegeben sein, wenn die Datenverarbeitung zur Wahrung berechtigter Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen, Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen. Als berechtigtes Interesse kommt dabei jedes rechtliche, tatsächliche, wirtschaftliche oder ideelle Interesse in Betracht (OLG Schleswig, Urteil vom 02.07.2021, Az. 17 U 15/21; zitiert nach Juris)."

Und weiter:

"Ein solches Interesse ist bei der Beklagten anzunehmen.

Sie erteilt ihren Vertragspartnern Auskunft über kreditrelevante Umstände potentieller Kunden. Diese Auskünfte sind erforderlich, um das Informationsdefizit der Kreditgeber auszugleichen. Die Verarbeitung der Daten dient dazu, Kreditgebern eine zutreffende und objektive Einschätzung der Bonität eines potentiellen Vertragspartners zu ermöglichen. Damit bestehen berechtigte Interessen Dritter und der Beklagten gleichermaßen (OLG Oldenburg, Urteil vom 23.11.2021, Az. 13 U 63/21; zitiert nach Juris). Es kommt entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts Schleswig (Urteil vom 03.06.2022, Az. 17 U 5/22; zitiert nach Juris) nicht darauf an, dass die potentiellen Vertragspartner der Beklagten regelmäßig noch nicht individuell bekannt sind; das berechtigte Interesse eines Kreditgebers an der Erteilung der Information steht vielmehr bereits bei der Speicherung der Daten fest.

Ein berechtigtes Interesse an der Datenverarbeitung ist nicht deshalb zu verneinen, weil den gespeicherten Informationen keine Aussagekraft für die Bonität des Kreditnehmers zukommt. Die Restschuldbefreiung stellt schon allein deshalb ein relevantes Datum dar, weil der Schuldner zu diesem genauen Zeitpunkt offenbar vermögenslos ist. Das Fehlen weiteren einsetzbaren Vermögens stellt einen für die Kreditwürdigkeit maßgeblichen Gesichtspunkt dar.

Darauf, ob empirisch belegt ist, dass es erhöhte Zahlungsausfälle bei Schuldnern gibt, denen eine Restschuldbefreiung erteilt wurde, kommt es deshalb nicht an. Durch die Restschuldbefreiung wird zudem belegt, dass der Schuldner fällige Forderungen in einem Zeitraum von sechs Jahren nicht zu begleichen vermochte, obwohl er verpflichtet war, alles Mögliche zu unternehmen, um seine Schulden in der Wohlverhaltensphase gemäß §§ 287b, 295 InsO abzuzahlen. Es besteht daher ein berechtigtes Interesse an der Verarbeitung der fraglichen Daten, um den Kunden der Beklagten eine zuverlässige Beurteilung der Kapitaldienstfähigkeit potentieller Kreditnehmer zu ermöglichen."

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