Eine Auskunftei muss die Restschuldbefreiung eines Betroffenen auch unter der Anwendbarkeit der DSGVO grundsätzlich erst nach Ablauf von 3 Jahren löschen (LG Frankfurt a.M., Urt. v. 20.12.2018 - Az.: 2-05 O 151/18).
Der Kläger machte die Löschung seiner Restschuldbefreiung aus dem Datenbestand der Beklagten, einer Auskunftei, geltend. Gleichzeitig verlangte er auch die Aktualisierung seines Scorewertes und verlangte zudem Schadensersatzes wegen der unerlaubten Datenspeicherung.
Dem Beklagten wurde im Januar 2018 eine Restschuldbefreiung erteilt. Die Beklagte, eine Auskunftei, hatte diese Daten gespeichert und dem Kläger bei einer Bonitätsauskunft im März 2018 mitgeteilt. Der Kläger hielt die Speicherung für unzulässig, da die Informationen sofort nach Erteilung der Restschuldbefreiung hätten entfernt werden müssen.
Das LG Frankfurt a.M. stellte zunächst fest, dass eine Auskunftei den Umstand der Restschuldbefreiung grundsätzlich erst nach 3 Jahren löschen müsse. Denn es sei nicht Zweck der Erteilung der Restschuldbefreiung, dass der Schuldner wieder am Wirtschaftsleben teilnehmen könne, als ob es das Insolvenzverfahren gar nicht gegeben hätte. Vielmehr bestünde ein berechtigtes Interesse für potenzielle Geschäftspartner des Schuldners im Rahmen der Bonitätsprüfung zu erfahren, ob bei dem Schuldner die Gefahr bestünde, wieder insolvent zu werden. Insofern sei der Grundsatz: Löschung erst nach 3 Jahren.
Etwas anderes könne jedoch dann gelten, wenn ganz besondere Umstände im Einzelfall vorlägen. Dann könne bereits eine zeitlich frühere Löschung geboten sein. Es müsse sich dabei um Gründe handeln, die eine atypische Konstellation begründeten, welche den Interessen des Betroffenen auf Löschung ein besonderes Gewicht verleihen würden.
Einen solchen außergewöhnlichen Fall bejahte das Gericht im vorliegenden Fall. Der Kläger habe nämlich nachweisen können, dass er in den betreffenden Jahren an einer psychiatrischen Erkrankung gelitten habe, die nunmehr geheilt sei. Insofern stünde ihm bereits heute ein Recht auf Vergessen zu.
Einen Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Scorewertes habe der Kläger hingegen nicht. Denn die Speicherung durch die Auskunftei sei zunächst rechtmäßig gewesen. Der Löschungsanspruch ergebe sich erst aufgrund der atypischen Umstände im Fall des Klägers, die eine Abwägung zu dessen Gunsten und ein Widerspruchsrecht begründeten. Das Widerspruchsrecht des Klägers setze aber voraus, dass er diese Umstände darlege.
Aus diesem Grunde scheitere auch der geltend gemachte Schadensersatzanspruch, denn der Kläger habe seine psychiatrische Erkrankung erst am Ende des gerichtlichen Verfahrens vorgetragen. Vorher hatte die verklagte Auskunftei gar keine Kenntnis von diesen Tatsachen.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Die Entscheidung ist mehr als lesenswert und berührt mehrere wichtige Punkte hinsichtlich Löschungsfristen unter der DSGVO.
Das Urteil ist auch deshalb interessant, weil sich das Gericht bei seiner Begründung der dreijährigen Löschungsfrist auf den Code of Coduct des Verbandes der Wirtschaftsauskunfteien("Verhaltensregeln für die Prüf- und Löschfristen von personenbezogenen Daten durch die deutschen Wirtschaftsauskunfteien vom 25.05.2018", hier zum Download) bezieht.
Die DSGVO sieht nämlich in Art. 40 Abs. 5 DSGVO die Möglichkeit vor, gewisse allgemeinverbindliche Verhaltensregeln innerhalb einer Branche festzulegen. Der hier genannte Code of Coduct wurde durch die zuständige NRW-Datenschutzbehörde genehmigt.