Nach Ansicht des AG Düsseldorf <link http: www.justiz.nrw.de nrwe lgs duesseldorf ag_duesseldorf j2013 _blank external-link-new-window>(Urt. v. 08.10.2013 - Az.: 57 C 6993/13) stellt es einen strafrechtlichen Betrug dar, wenn in einer P2P-Abmahnung die Ansicht der Rechtsprechung falsch dargestellt wird.
Ende 2009 mahnte die Klägerin die Beklagte wegen einer behaupteten Verletzung von knapp 540 Musikdateien in einer P2P-Tauschbörse ab. In dem anwaltllich formulierten Schreiben hieß es:
"Inwieweit Sie die Rechtsverletzungen im selbst begangen haben, wurde bislang zwar nicht abschließend geklärt, als Inhaber des verfahrensgegenständlichen Internetanschlusses sind Sie jedoch jedenfalls zur Erstattung der Rechtsverfolgungskosten verpflichtet. Bereits dieser Kostenerstattungsanspruch führt dabei - angesichts der regelmäßig in Fällen der vorliegenden Art gerichtlich angenommenen Gegenstandswerte von 10'000 Euro pro verfügbar gemachtem Audiotitel - zu erheblichen Ersatzbeträgen. Dies verdeutlicht die beispielhafte Berechnung eines Kostenerstattungsanspruchs bei nur zehn zur Verfügung gestellten Musikdateien der o.g. vier Mandanten, aus der sich eine Kostenerstattungsforderung von 2'998,80 Euro ergibt."
Und weiter:
"Wir weisen zudem darauf hin, dass es Ihnen als Anschlussinhaber bei Bestreiten der eigenen Tatbegehung im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast obläge, substantiiert zur Aufklärung der Frage beizutragen, wer als Täter die über Ihren Anschluss erfolgten Urheberrechtsverletzungen begangen hat. (...)
Auch der Auskunftsanspruch sowie die Obliegenheit, über Namen und Anschrift des unmittelbar Verantwortlichen sowie die weitere Verwertung der Tonaufnahmen Auskunft zu erteilen, hätte sich im Falle einer Einigung erledigt."
Die Klägerin machte am Ende einen Vergleichsvorschlag von 4.000,- EUR, den die Beklagte annahm. Als die Beklagte den Betrag nicht zahlte, ging die Klägerin nun aus dem Vergleich vor.
Das AG Düsseldorf wies die Klage ab. Der Vergleich sei arglistig erlangt worden und somit nicht wirksam. Der Klägerin stehe kein Zahlungsanspruch zu.
Denn die Firma habe den Vergleich durch einen versuchten Betrug erlangt. Durch eine bewusst falsche Darstellung der Rechtsprechung in dem Abmahnschreiben sei die Beklagte über wesentliche Punkte ihrer Verpflichtungen in die Irre geführt worden.
Auch wenn die BGH-Rechtsprechung ("Sommer unseres Lebens") erst im Jahre 2010 ergangen sei, sei - so die Ansicht des AG Düsseldorf - schon vorher geklärt gewesen, dass eine Haftung in diesen Fällen die Verletzung einer Prüfpflicht voraussetze. Auch die zugrunde gelegten Streitwerte seien bereits damals überzogen gewesen.
Insofern seien die Ausführungen in dem Abmahnschreiben objektiv unwahr und täuschten die Beklagte bewusst über die objektive Rechtslage.
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Hinsichtlich des angeblichen Prozessbetruges eine wenig überzeugende Entscheidung.
Die spannende Frage, inwieweit in dem Abmahnschreiben objektiv tatsächlich falsche Angaben zur (damaligen) Rechtslage gemacht wurden, beantwortet das AG Düsseldorf mehr schlecht als Recht. So zitiert es zu seinem Standpunkt, dass die Haftung für Dritte die Verletzung von Prüfpflichten voraussetzt, ein Urteil des BGH aus dem Jahr 1998 (BGH, NJW 1999, 1960). In diesem Urteil ging es jedoch um die Haftung eines Presseunternehmens bei der Veröffentlichung einer urheberrechtsverletzenden Werbeanzeige.
Für die angeblich falsche Angaben zur Höhe des Streitwertes beruft sich das AG Düsseldorf auf eine Entscheidung des OLG Hamburg aus dem Jahre 2006 (OLG Hamburg, GRUR 2007, 375), blendet dabei aber geflissentlich aus, dass es bis heute zahlreiche andere, gegenteilige Gerichtsurteile gibt.