Auch wenn der BGH entschieden hat, dass die bloße Erreichbarkeit einer 70-Zeichen-URL für eine Urheberrechtsverletzung nicht ausreicht, kann abweichend davon in bestimmten Fällen gleichwohl von einem Rechtsverstoß ausgegangen wird. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn das ursprüngliche Angebot weiterhin über eine Suchfunktion der Online-Verkaufsplattform auffindbar ist (LG Köln, Urt. v. 24.11.2022 Az.: 14 O 404/21).
Inhaltlich ging es um eine unerlaubte Foto-Nutzung im Rahmen eines eBay-Verkaufsangebots.
Nach einer außergerichtlichen Abmahnung hatte der Beklagte das beanstandete Angebot auf eBay beendet und zudem eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben.
Das Angebot war jedoch weiterhin online abrufbar, sodass der Kläger eine Vertragsstrafe geltend machte.
Der Beklagte wandte ein, dass der BGH Mitte 2021 entschieden habe, dass die bloße Erreichbarkeit von urheberrechtlich geschützten Inhalten über eine 70-Zeichen-URL für die Annahme einer Urheberrechtsverletzung nicht ausreiche, vgl. unsere Kanzlei-News v. 02.09.2021.
Dieser Rechtsansicht erteilte das LG Köln eine klare Absage und ging von einer Rechtsverletzung aus:
"Der Kammer ist aus einer Vielzahl gleichgelagerter Verfahren bekannt, dass die Beendigung eines Verkaufsangebotes bei (...) mitnichten bedeutet, dass die verwandten Bilder nicht gleichwohl weiterhin abrufbar bleiben. Die von der Beklagtenseite vorgelegten Screenshots belegen nichts anderes.
Auch bedurfte es – wie aufgezeigt – nicht der Eingabe einer 70 Zeichen langen URL, um die Fotos aufzurufen, sondern diese waren über die interne Suchfunktion bei (...) auffindbar. Die vom Beklagten angeführten Grundsätze aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Lautsprecherfoto“ (BGH, GRUR 2021, 1286) vermögen bereits aus diesem Grund keine Anwendung zu finden. Denn es ist vorliegend gerade nicht erfahrungswidrig, dass außer dem Kläger noch „recht viele“ andere Personen bei Eingabe der entsprechenden Suchbegriffe auf (...) der streitgegenständlichen Fotografien ansichtig werden.
Damit waren die Fotos nicht faktisch lediglich für die Personen auffindbar, die sich die URL vorher abgespeichert oder sonst in irgendeiner Form kopiert oder notiert oder die Adresse von Dritten erhalten hatten. Vielmehr konnte eine thematische Suche die Bilder noch auffindbar machen (vgl. dazu OLG Köln, Urteil vom 01.10.2021, 6 U 141/20 – Pixelio).
Der Beklagte hat schuldhaft – jedenfalls fahrlässig – im Sinne von § 276 BGB gegen die vertragliche Unterlassungspflicht verstoßen, indem er nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Fotos auch über eine thematische Suche auf F nicht mehr aufgefunden werden konnten."