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Kategorie: Urheberrecht

LG Köln: Auch Ghostwriter hat Anspruch auf Namensnennung, andernfalls Urheberrechtsverletzung

Auch Ghostwriter, die ein Buch schreiben, können einen Anspruch auf Namensnennung haben. Wird der Ghostwriter nicht genannt, liegt eine Urheberrechtsverletzung vor (LG Köln, Urt. v. 13.07.2023 - Az.: 237/22).

Die Klägerin war professionelle Ghostwriterin, der Beklagte Psychotherapeut.

Die Parteien schlossen mündlich Ghostwriter-Vertrag über die Erstellung eines Buches, das die mehrjährige Tätigkeit des Beklagten als Psychotherapeut zum Gegenstand hatte. Hierfür erhielt sie ein Honorar von knapp 12.000,- EUR.

Die genauen Verabredungen zwischen den Parteien waren streitig. Der Beklagte meinte, die Klägerin habe, wie in Ghostwriter-Kontrakten üblich, explizit auf die Namensnennung verzichtet. Die Klägerin trug hingegen vor, es sei vereinbart gewesen, dass sie im Impressum des Buches genannt werde ("Redaktionelle Beratung XY...") und zudem auch in der Danksagung.

Das Buch erschien ohne jede Nennung auf die Klägerin.

Dagegen klagte die Ghostwriterin und bekam einen Schadensersatz von rund 12.000,- EUR zugesprochen.

Der Beklagte habe durch das Weglassen des Namens eine Urheberrechtsverletzung begangen:

"Bei der Prüfung der Frage, ob eine - stillschweigend erfolgte - vertragliche Einschränkung des Namensnennungsrechts aufgrund von Branchenübungen anzuerkennen ist, sind keine zu geringen Anforderungen zu stellen. (...). Beweisbelastet für die Branchenübung und die Kenntnis des Urhebers von ihr ist der Verwerter. Im Zweifel ist deshalb nach dem Grundsatz der Zweckübertragungslehre zugunsten des Urhebers und seines Urhebernennungsrechts zu entscheiden (...).

Nach diesen Grundsätzen besteht vorliegend jedenfalls kein Hinweis auf einen schuldrechtlich zumindest zeitweise wirksamen Verzicht der Klägerin auf ihr Benennungsrecht aus § 13 S. 2 UrhG in der geforderten Art und Weise. Denn unstreitig besteht keine schriftliche Vereinbarung hierüber zwischen den Parteien.

Der Beklagte bestreitet vielmehr eine Vereinbarung dahingehend, dass die Klägerin im Buch genannt werden sollte. Dies ist jedoch angesichts der Ausnahmekonstellation des schuldrechtlichen Verzichts auf die Urheberbenennung unbehelflich. Selbst wenn die Klägerin eine Vereinbarung dahingehend, dass sie im Impressum in der gewünschten Weise benannt wird, nicht beweisen könnte, würde damit nicht ihr Recht nach § 13 S. 2 UrhG wegfallen."

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass eine Namensnennung möglicherweise dem Sinn und Zweck einer Ghostwriter-Tätigkeit entgegenstehen könnte: 

"Soweit der Beklagte weiter darauf hinweist, dass das Ausbleiben der Nennung der Urheberschaft im Übrigen dem Sinn einer Ghostwriter-Vereinbarung entspreche, führt auch dies nicht zu der Annahme eines stillschweigenden oder konkludenten Verzichts durch die Klägerin.

In diese Richtung lässt sich auch der bestrittene Vortrag verstehen, die Klägerin habe zum Zeitpunkt der Druckbeauftragung bewusst auf einen Hinweis verzichtet. Jedoch sind – auch vom BGH anerkannte - Verkehrsgewohnheiten oder allgemeine Branchenübungen, die das Recht zur Urheberbenennung einschränken könnten, vorliegend für den Bereich der Ghostwriter-Vereinbarungen nicht erkennbar und vor allem nicht durch den insoweit darlegungsbelasteten Beklagten vorgetragen.

Es bleibt insoweit bei der pauschalen Behauptung, die Nichtnennung würde dem „Sinn“ der Ghostwriter-Vereinbarung entsprechen. Dass eine komplette Nichtnennung für den Bereich der Literatur (im Vergleich etwa zu politischen Reden oder Vorträgen) jedoch der Standard sein soll, kann die Kammer nicht erkennen.

Denn zum einen verweist die Klägerin nachvollziehbar darauf, dass die Nennung in der gewünschten Art und Weise für sie – neben „Mundpropaganda“ – die einzige verlässliche Werbung für ihre Dienste darstellt. Zum anderen ist der Kammer, die etwa mit Rechtsstreitigkeiten zwischen einem früheren Bundeskanzler und dem für dessen Memoiren tätigen Ghostwriter befasst war und ggf. in Zukunft wieder sein wird (...), bekannt, dass eine gewisse Information über die Identität eines Ghostwriters nicht unüblich und im Ergebnis nicht vermeidbar ist.

Hinzu kommt, dass auch im wissenschaftlichen Bereich Ghostwriting etwa derart honoriert wird, dass in Fußnoten für die Unterstützung gedankt wird (...). Nach alledem bewegt sich die gewünschte Nennung der Klägerin im Impressum des Buchs im Rahmen des Üblichen. Es bedarf demnach keiner weiteren Entscheidung, ob eine etwaige Branchenübung auch stillschweigen Vertragsgegenstand zwischen den Parteien geworden ist."

Die Höhe des Schadens ergebe sich aus dem ursprünglich gezahlten Honorar. Bei einer fehlenden Urheberbenennung sei von einem 100 % Schadensaufschlag auszugehen:

"Die Höhe der fiktiven Lizenzgebühr, die zum Ausgleich eines für die fehlende Urhebernennung verursachten Vermögensschadens geschuldet ist, kann in Form eines Zuschlags auf die (fiktive) Lizenzgebühr bemessen werden, die für die jeweilige Nutzung zu zahlen ist (...).

Wegen der fehlenden Urheberbenennung ist regelmäßig ein Zuschlag von 100% auf die Lizenzgebühr anzusetzen.

Es ist jedenfalls ständige Rechtsprechung der hiesigen Kammer in Urheberrechtsstreitsachen beim bloßen Weglassen der Urheberbenennung schon regelmäßig einen Zuschlag von 100% anzunehmen. Dies gilt auch für den Fall, dass die Lizenzgebühr bereits bezahlt ist und die Rechtsverletzung sich in der fehlenden oder falschen Urheberbenennung erschöpft. In solchen Fällen kommt eine Berechnungsmethode nach dem Motto „2 x 0 ist immer 0!“ nicht in Betracht (...)."

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