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Kategorie: Thema:Datenschutz

LG Münster: Auskunftei muss öffentliche Insolvenzdaten 6 Monate nach Aufhebung wieder löschen

Eine Auskunftei muss öffentliche Insolvenzdaten spätestens 6 Monate nach Aufhebung löschen, da eine längere Speicherung gegen die DSGVO verstößt.

Eine Auskunftei, die öffentliche Insolvenzdaten aus den amtlichen Veröffentlichungen übernimmt, muss diese Daten spätestens 6 Monate nach Aufhebung wieder löschen. Eine längerfristige Speicherung verstößt gegen die DSGVO (LG Münster, Urt. v. 04.07.2023 - Az.: 16 O 238/22).

Die Beklagte betrieb eine Wirtschaftsauskunftei, die Informationen aus öffentlich zugänglichen Quellen sammelte und speicherte. Diese Daten gab sie auch an Vertragspartner weiter, damit diese die Zahlungsfähigkeit ihrer Kunden beurteilen konnten. Sie speicherte dabei auch die Involsenz-Daten des Klägers.

Dieser wehrte sich gegen die dauerhafte Speicherung und verwies darauf, dass die öffentlichen Insolvenzbekanntmachung 6 Monate nach Aufhebung wieder gelöscht werden müssten (§ 3 InsBekV). Diese Frist sei auch von der Beklagten einzuhalten.

Als die Auskunftei nicht reagierte, erhob der Betroffene Klage.

Und bekam vor dem LG Münster Recht:

"Die Verarbeitung dieser streitgegenständlichen personenbezogenen Daten des Klägers durch die Beklagte ist allerdings mit Ablauf von sechs Monaten nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht mehr rechtmäßig im Sinne von Art. 6 DSGVO.

Grundsätzlich ist die Verarbeitung personenbezogener Daten des Klägers durch die Beklagte nach Art. 6 DSGVO nur dann rechtmäßig, wenn eine gesetzliche Grundlage für die jeweilige Datenverarbeitung besteht oder der Kläger in die Verarbeitung seiner Daten eingewilligt hat. 

Mangels Einwilligung des Klägers in die Verarbeitung seiner Daten durch die Beklagte kommt dementsprechend nur eine rechtmäßige Verarbeitung durch die Beklagte aufgrund gesetzlicher Grundlagen in Betracht. Nach der Überzeugung des Gerichts sind allerdings auch keine Rechtsgrundlagen vorhanden, die die Verarbeitung der streitgegenständlichen personenbezogenen Daten des Klägers durch die Beklagte rechtfertigen.Insbesondere liegen die Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. e DSGVO und die Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO zugunsten der Beklagten nicht vor."

Auf die berechtigten Interessen könne sich die Auskunftei nicht stützen, da die Belange des Klägers überwiegen würden:

“Ebenso stellt die erfolgte Datenverarbeitung durch die Beklagte keine rechtmäßige Datenverarbeitung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO dar, weil die Wahrung der Interessen des Klägers das Interesse der Beklagten oder eines Dritten an dessen Datenverarbeitung nach nachfolgender Abwägung dieser verschiedenen Interessen deutlich überwiegt.

Diesen Interessen der Beklagten und Dritter steht allerdings ein erhebliches Interesse des Klägers gegenüber. Die weiterhin bestehende Aufnahme des Vermerks über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens gegen den Kläger beeinträchtigt dessen erhebliche Interessen und Grundrechte. (…)

Durch die, über die nach § 3 InsBekV festgelegte sechsmonatige Frist hinausgehende, Verarbeitung der Daten des Klägers, wird es ihm jedenfalls noch weitere zweieinhalb Jahre nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens massiv erschwert, Rechtsgeschäfte wie den Abschluss von Mietverträgen, Handyverträge und Kreditverträgen vollziehen zu können. Darüber hinaus werden dem Kläger auch Kreditaufnahmen sowie Vertragsabschlüsse, die als Voraussetzung die Erteilung einer Bonitätsauskunft haben, erheblich erschwert oder nur unter vergleichsweise schlechteren Bedingungen ermöglicht, welche sich wiederum erneut negativ auf die finanzielle Situation des Klägers auswirken. (…)

Als zu berücksichtigender normativer Anhaltspunkt für die Abwägung der widerstreitenden Interessen ist nach Überzeugung des Gerichts die Löschungsfrist aus § 3 InsBekV zugrunde zu legen (…) Dementsprechend kommt es auf die Frage, ob § 3 InsBekV in Bezug auf private Auskunfteien überhaupt direkt oder analog anwendbar ist und demnach bereits nach Ablauf der danach bestehenden sechsmonatigen Frist zur Löschung schon kein Interesse der Beklagten oder Dritten an der Verarbeitung über die Daten der Insolvenzaufhebung besteht, nicht an. 

Im Hinblick auf § 3 InsBekV ist zu unterstellen, dass der Verordnungsgeber hinreichend abgewogen hat, in welchem Umfang durch eine öffentliche Bekanntmachung in die Rechte der Insolvenzschuldner eingegriffen wird und inwieweit die berechtigten Informationsinteressen der Allgemeinheit einen solchen Eingriff rechtfertigen. Ergebnis dieser Abwägung durch den Verordnungsgeber war offenkundig, dass eine Veröffentlichungsdauer von sechs Monaten nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens ausreichend und angemessen ist (OLG Schleswig, Urteil vom 03.06.2022 – 17 U 5/22, Rn. 70)."

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