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Kategorie: Datenschutzrecht

OLG Saarbrücken: Bei Scraping-Ereignissen auf Facebook kein Schaden = kein DSGVO-Schadensersatzanspruch

Das Scraping von Facebook-Inhalten führt nicht automatisch zu einem Schadensersatzanspruch nach der DSGVO, da der Kläger nicht nachweisen konnte, dass ihm ein Schaden entstanden ist.

Das OLG Saarbrücken reiht sich in die lange Schlange der Oberlandesgerichte ein und entscheidet wie der Rest: Die Scraping-Ereignisse bei Facebook begründen keinen automatischen Schadensersatzanspruch nach der DSGVO (OLG Saarbrücken, Urt. v. 30.05.2024 - Az.: 5 U 72/23).

Der Kläger beanspruchte von Facebook mindestens 1.000,- EUR Schadensersatz wegen der Scraping-Vorfälle.

Das Gericht wies die Klage vollständig.

1. Kein Schaden nachgewiesen:

Der Kläger habe den notwendigen Schaden nicht nachweisen können:

"Auch wenn ein immaterieller Schaden nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO nicht nur dann ersatzfähig ist, wenn eine gewisse „Erheblichkeitsschwelle“ überschritten ist (EuGH, Urteil vom 4. Mai 2023 – C-300/21 Rn. 51, aaO.), muss der Betroffene gleichwohl den Nachweis führen, dass tatsächlich ein Schaden eingetreten ist. 

Das ist vorliegend dem Kläger, wie das Landgericht zutreffend entschieden hat, nicht gelungen. 

Zwar hat der Kläger schriftsätzlich vortragen lassen, er habe sich in der Folge des Verlustes der Kontrolle über seine Daten in einem Zustand großen Unwohlseins und großer Sorge über möglichen Missbrauch seiner Daten befunden und er sei zudem Kontakt- und Betrugsversuchen via Spam-Mails und Spam-SMS ausgesetzt gewesen. 

Dieser Vortrag, der von den klägerischen Prozessbevollmächtigten in Parallelverfahren gleichlautend für eine Vielzahl von Nutzern des Netzwerks der Beklagten gehalten wird, hat sich in der persönlichen Anhörung des Klägers durch das Landgericht indes nicht bestätigt. 

Von den auch in der Berufungsbegründung erneut behaupteten Ängsten oder Sorgen berichtete der Kläger nichts, sondern lediglich von lästigen Anrufen und SMS auf seinem Mobiltelefon. Ob der Kläger diese Anrufe und SMS aber gerade wegen des Scraping-Vorfalls erhalten hat, steht jedoch nicht fest, und diesen Nachweis müsste der für einen auf den Scraping-Vorfall zurückzuführenden Schaden beweisbelastete Kläger erbringen. 

Davon abgesehen ist die hierdurch für den Kläger entstandene Belastung augenscheinlich äußerst gering, weil er deswegen weder seine Telefonnummer ändern will noch die unmittelbare Notwendigkeit sah, die Einstellungen zu seiner Privatsphäre auf F. zu ändern; letzteres hat er erst „einige Wochen“ vor seiner Anhörung durch das Landgericht getan, was im Übrigen die Annahme nahelegt, dass dies ausschließlich prozessbedingt geschehen ist."

2. Unterlassungsanspruch bereits unzulässig:

Der ebenfalls geltend gemachte Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Verarbeitung seiner Daten sei bereits unzulässig, da es ein milderes Mittel gebe: Der Kläger könne nämlich im Backend von Facebook die entsprechende Einstellung selbst vornehmen und müsse dafür nicht gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen:

“Mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist der Antrag zu 3b), mit welchem der Kläger im Hinblick auf die Verarbeitung seiner Telefonnummer Unterlassung begehrt (…). 

Denn der Kläger ist bereits ohne gerichtliche Hilfe selbst in der Lage gewesen, seine Telefonnummer einer Verarbeitung durch die Beklagte im Rahmen der Suchbarkeit zu entziehen, indem er die entsprechenden Einstellungen geändert hat. Soweit er meint, seine Telefonnummer könne gleichwohl von Dritten ausgelesen werden, ist es ihm unbenommen, diese Telefonnummer, deren Angabe für die Nutzung der Dienste der Beklagten nicht erforderlich ist, aus seinem Profil zu löschen. Eines Unterlassungstitels bedarf der Kläger daher nicht.”

Gleiches gelte für die sonstigen Unterlassungsbegehren. Diese seien ebenfalls unzulässig, da die gestellten Anträge zu unbestimmt seien. Der klägerischen Antrag lautete:

"…zu unterlassen,
a.  personenbezogenen Daten der Klägerseite, namentlich Telefonnummer, Facebook ID, Familiennamen, Vornamen, Geschlecht, Bundesland, Land, Stadt, Beziehungsstatus unbefugten Dritten über eine Software zum Importieren von Kontakten zugänglich zu machen, ohne die nach dem Stand der Technik möglichen Sicherheitsmaßnahmen vorzusehen, um die Ausnutzung des Systems für andere Zwecke als der Kontaktaufnahme zu verhindern."

Es sei nicht hinreichend klar, was darunter falle und was nicht:

"Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss ein Verbotsantrag so konkret und deutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 S. 1 ZPO) klar abgegrenzt sind und sich der Beklagte gegen die Klage erschöpfend verteidigen kann. Die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, darf nicht dem Vollstreckungsgericht überlassen bleiben (…4). Zwar sind auslegungsbedürftige Begriffe im Rahmen von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bei Unterlassungsanträgen nicht schlechthin unzulässig. Sie können dann hingenommen werden, wenn über den Sinngehalt der verwendeten Begriffe oder Bezeichnungen kein Zweifel besteht, so dass die Reichweite von Antrag und Urteil feststeht (…).

(2) Gerade daran fehlt es hier aber, weil weder durch die Klageanträge noch durch eine zur Auslegung heranzuziehende Klagebegründung festgestellt werden kann, welches konkrete Verhalten die Beklagte nach dem Willen des Klägers künftig unterlassen soll (…).

(a) Sowohl der Begriff „unbefugte Dritte“ als auch die Formulierung „Ausnutzung des Systems für andere Zwecke als der Kontaktaufnahme“ lassen das Rechtsschutzziel des Klägers nicht hinreichend deutlich erkennen. Es wäre bei einer entsprechenden Verurteilung der Beklagten nicht nur ungeklärt, welche konkreten (technischen) Sicherheitsmaßnahmen diese im Rahmen der vom Kläger begehrten Unterlassungsverpflichtung zu ergreifen hätte, sondern es ergäbe sich aus einem solchen Titel auch nicht, welches konkrete Ziel sie mit den betreffenden Sicherungsmaßnahmen überhaupt erreichen müsste."

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