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Kategorie: Datenschutzrecht

BGH: Ehemaliges Vereinsvorstand kann Anspruch auf DSGVO-Löschung aus dem Vereinsregister haben

Ein ehemaliges Vereinsvorstandsmitglied kann u.U. die Löschung seiner Daten aus dem Vereinsregister verlangen, jedoch abhängig vom Einzelfall und öffentlichem Interesse.

Ein ehemaliges Mitglied eines Vereinsvorstandes kann einen Anspruch auf DSGVO-Löschung aus dem Vereinsregister haben. Ob ein solcher Anspruch besteht, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (insb. der verstrichenen Zeit) (BGH,. Beschl. v. 04.06.2023 - Az.: II ZB 10/23).

Der Antragsteller, ein ehemaliges Vorstandsmitglied eines Vereins, verlangte die Löschung seiner im Vereinsregister gespeicherten personenbezogenen Daten, die über das Registerportal im Internet abrufbar waren. Er argumentierte, dass die uneingeschränkte Verfügbarkeit dieser Informationen sein Persönlichkeitsrecht verletze, da er das Amt bereits im Jahr 2004 niedergelegt hatte.

Die Vorinstanzen lehnten den Löschungsantrag ab. Der BGH hob diese Beurteilungen auf und wies das Registergericht an, etwaige Daten über den Antragsteller nur noch nach vorheriger Prüfung im Einzelfall zu übermitteln.

Zunächst stellten die BGH-Richter klar, dass dem Vereinsregister eine wichtige Publikationswirkung zukomme, da dort sämtliche Abläufe gespeichert seien. Alleine weil ein Eintrag bereits mehrere Jahre zurückliege, führe dies nicht automatisch zu einem Löschungsgrund:

"Das Vereinsregister soll als öffentliches Register für die zuverlässige Verlautbarung der eingetragenen Tatsachen und Rechtsverhältnisse, die für den Rechtsverkehr von erheblicher Bedeutung sind, sorgen (sog. Informations- und Publizitätsfunktion). (…)

Danach liegt auch die Bereitstellung dieser Daten zum unbeschränkten Abruf über das Internet als heutiges Mittel zur Information der Allgemeinheit (…) u.a. grundsätzlich im öffentlichen Interesse. Die Gewährung des schrankenlosen, mit keinem besonderen Aufwand oder Hindernissen verbundenen Zugangs zu diesen Daten im Internet dient dem Ziel, jeder interessierten Person möglichst unschwer unabhängig von ihrem Aufenthaltsort und ohne Verzögerung oder Beschränkung von den im Vereinsregister eingetragenen Informationen zuverlässig Kenntnis zu verschaffen. (…)

Dieses schützenswerte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an den im Vereinsregister gespeicherten Daten entfällt nicht ohne Weiteres mit dem Ausscheiden eines Vorstandsmitglieds aus dem Amt. Wie lange und in welchem Maße es nach dem Ausscheiden des Vorstandsmitglieds noch besteht, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab."

Je länger der Eintrag zurück liege, desto mehr würden die Interessen des Betroffenen überwiegen:

"Die Rechtsbeschwerde weist allerdings zutreffend darauf hin, dass dieses Informationsinteresse sich nach dem Ausscheiden eines Vorstandsmitglieds aus dem Amt auf einen abgeschlossenen Sachverhalt bezieht und daher in der Regel im Verlauf der Zeit mit der Verringerung der daraus fortbestehenden Rechte und Rechtsbeziehungen stetig abnimmt, womit auch die Wahrscheinlichkeit einer Relevanz der gespeicherten Daten des früheren Vorstandsmitglieds für den Rechtsverkehr sinkt. 

Auch dann verbietet zwar der im öffentlichen Interesse liegende Grundsatz der Erhaltung der Eintragung, der den Kern des materiell-rechtlichen Publizitätsprinzips bildet, dass die Daten aus dem Vereinsregister entfernt werden, weil ein Informationsinteresse auch nach erheblichem Zeitablauf nicht vollständig ausgeschlossen werden kann (…)."

In jedem Fall sei aber der Betroffene dadurch zu schützen, dass für zukünftige Einsichtnahmen ein berechtigtes Interesse nachzuweisen sei:

"Die Bereitstellung der im Vereinsregister gespeicherten Daten des Antragstellers zum Abruf im Internet steht danach (nur) noch in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit ihr verfolgten legitimen Zweck, soweit sie nicht unbeschränkt, sondern nur bei Darlegung eines berechtigten Interesses im Einzelfall erfolgt.

Das gilt unabhängig davon, ob man für die insoweit vorzunehmende Abwägung im vorliegenden Fall wegen des von der Datenschutz-Grundverordnung angestrebten gleichmäßigen Datenschutzniveaus (…) oder in Anbetracht des Wertungsspielraums, der den Mitgliedstaaten mit dem Begriff des öffentlichen Interesses eingeräumt ist (…) die Grundrechte des Grundgesetzes. 

Die Bereitstellung der Daten des Antragstellers zum Abruf im Internet erweist sich in beiden Fällen gleichermaßen (nur) im beschränkten Umfang als angemessen."

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