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Kategorie: Onlinerecht

VG Hannover: Foto-Veröffentlichung auf Facebook-Fanpage durch Partei ist DSGVO-Verstoß

Die Veröffentlichung eines Fotos (hier: mit abgelichteten Personen) auf der Facebook-Fanpage  einer Partei ist ein Verstoß gegen die DSGVO (VG Hannover, Urt. v. 27.11.2019 - Az.: 10 A 820/19).

Der Kläger war eine politische Partei. Es ging um eine öffentliche Veranstaltung aus dem Jahr 2014, bei der über den Bau einer Ampelanlage gesprochen wurde, die das Überqueren einer vielbefahrenen Straße erleichtern sollte.

An dieser Veranstaltung nahmen etwa 70 Personen teil, darunter auch die Eheleute S. Über die Veranstaltung wurde auch in der Presse berichtet. Den nach wie vor im Internet verfügbaren Berichten in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung und in der Neuen Presse war jeweils ein Foto beigefügt, auf dem auch die Eheleute S abgebildet waren. Ein weiteres Foto von der Veranstaltung, auf dem die Eheleute S deutlich erkennbar abgebildet waren, wurde vom Kläger weiterhin auf seiner Website veröffentlicht.

Auf einem anderen Foto von der Veranstaltung waren die Eheleute S ebenfalls erkennbar abgebildet. Dieses Foto veröffentlichte der Kläger auf seiner Fanpage bei Facebook, zusammen mit einem anderen Foto, auf dem die Baustelle abgebildet war, auf der die betreffende Ampelanlage errichtet wurde. Auf die Beanstandung der Eheleute hin wurde das Foto auf Facebook von dem Kläger gelöscht.

Die zuständige Datenschutzbehörde sah in dem Verhalten des Klägers eine Datenschutzverletzung und sprach, da das Foto zwischenzeitlich entfernt wurde, lediglich eine Verwarnung aus. 

Hiergegen wehrte sich der Kläger gerichtlich.

Das VG Hannover wies die Klage ab.

Es könne dahinstehen, ob hier §§ 22, 23 KUG oder die DSGVO zur Anwendung kämen, da in beiden Fällen die Handlung nicht erlaubt gewesen sei.

Die Foto-Veröffentlichung sei zwar grundsätzlich nach § 23 Abs.1 Nr.3 KUG durchaus erlaubt, da es sich bei der damaligen Veranstaltung um eine Versammlung gehandelt habe. Jedoch widerspreche die Veröffentlichung den berechtigten Interessen der Eheleute S nach § 23 Abs.2 KUG:

" Die abgebildeten Personen haben (...) ein erhebliches Interesse daran, dass kein Foto, auf dem sie individuell erkennbar sind, auf einer Fanpage bei Facebook veröffentlicht wird.

Nicht nur, dass eine Veröffentlichung von Daten auf einer Fanpage bei Facebook mit unkalkulierbaren Risiken für die betroffenen Personen verbunden ist, insbesondere keine effektive Kontrolle mehr über die Weiterverwendung der Daten ausgeübt und auch ein etwaiger Löschungsanspruch nicht mehr wirksam durchgesetzt werden kann, vielmehr wird durch das Foto auf einer Fanpage auch eine – möglicherweise nicht bestehende – Zustimmung der abgebildeten Personen zu der politischen Tätigkeit des Klägers suggeriert."

Aus dem gleichen Grunde scheitere die Datenverarbeitung nach Art. 6 Abs.1 f) DSGVO, da auch in dieser Konstellation die berechtigten Interessen der abgelichteten Person überwiegen würden. Insbesondere sei eine vollständige Ablichtung der Gesichter der Personen nicht notwendig:

"Die Verwendung eines Fotos, auf dem bestimmte Personen erkennbar abgebildet sind, ist aber nicht „erforderlich“. (...).

Gemessen hieran war die Veröffentlichung des Fotos ohne Unkenntlichmachung der abgebildeten Personen nicht „erforderlich“, da es hier nicht darauf ankommt, dass gerade die abgebildeten Personen als solche in einen spezifischen Kontext zur politischen Tätigkeit des Klägers gesetzt werden, sondern es dem Kläger nur darum geht, zu dokumentieren, dass das Thema, für das er sich politisch eingesetzt hat, eine größere Anzahl von Personen interessiert. In diesem Fall reicht es aus, das Foto unter Unkenntlichmachung der abgebildeten Personen, z. B. durch Verpixelung der Gesichter, zu verwenden.

Die Verwendung des Fotos mit einer Abbildung individuell erkennbarer Personen hingegen ist zur Erreichung des vom Kläger angestrebten Zwecks nicht erforderlich. Mit seinem Einwand, eine Unkenntlichmachung sei ihm aufgrund fehlender finanzieller oder organisatorischer Mittel nicht möglich, hat der Kläger schon deshalb keinen Erfolg, weil eine Verpixelung mit Hilfe gängiger Bildbearbeitungssoftware ohne erheblichen Zeit- und Kostenaufwand umgesetzt werden kann."

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