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Kategorie: Datenschutzrecht

LG Frankfurt a.M.: Kein DSGVO-Schadensersatz, wenn bei Abschluss eines Mobilfunkvertrages eine Meldung an die SCHUFA ohne Einwilligung erfolgt

Kein DSGVO-Schadensersatz für Weitergabe von Positivdaten an SCHUFA, da kein immaterieller Schaden nachgewiesen.

Erfolgt beim Abschluss eines Handy-Vertrages automatisch die Meldung von Positivdaten an die SCHUFA, begründet dies nicht automatisch einen Anspruch auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO (LG Frankfurt a.M., Urt. v. 19.03.2024 - Az:. 2-10 O 691/23).

Der Kläger schloss mit der Beklagten, einem Telekommunikationsunternehmen, einen Mobilfunkvertrag. Es wurden bestimmte Daten an die SCHUFA übermittelt (u.a.Name, Anschrift, Geburtsdatum, Beginn und Ende des TK-Vertrages, Vertragsnummer), ohne dass der Kläger hierin eingewilligt hatte.

Der Kläger verlangte aufgrund dieser Handlung Schadensersatz, da er in der Übermittlung eine Datenschutzverletzung sah.

Das LG Frankfurt a.M. wies die Klage vollständig ab.

1. Schaden nicht nachgewiesen:

Der Anspruch auf Schadensersatz scheitere bereits daran, dass es an einem Schaden fehle:

"Ein abstrakter "Kontrollverlust" reicht allein für einen immateriellen Schaden im Sinne des Art. 82 DSGVO nicht aus, für eine darüberhinausgehende Beeinträchtigung trägt der Anspruchsteller die Beweislast (…).

Der Kläger hat im Rahmen seiner persönlichen Anhörung ausgeführt, er sei von seinen Prozessbevollmächtigten nicht hinsichtlich seiner emotionalen Lage aufgrund des streitgegenständlichen Sachverhalts befragt worden. Diese hätten ihm keine persönlichen Fragen gestellt und er sei nicht von seinen Prozessbevollmächtigten gefragt worden, wie es ihm mit der Weitergabe der Daten in Bezug auf den Mobilfunkvertrag an die SCHUFA gehe. 

Die Darlegungslast für den Eintritt des konkreten immateriellen Schadens liegt jedoch beim Betroffenen und kann bei behaupteten persönlichen/psychologischen Beeinträchtigungen nur durch die Darlegung konkret-individueller – und nicht wie hier in einer Vielzahl von Fällen gleichartiger – dem Beweis zugänglicher Indizien erfüllt werden (…)."

2. Auch kein Unterlassungsanspruch:

Zudem verlangte der Kläger von dem TK-Unternehmen Unterlassung.  

Der Antrag lautete wörtlich:

“(….) 2. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise an ihrem gesetzlichen Vertreter zu vollstreckender Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, Positivdaten des Klägers, also personenbezogene Daten, die keine Zahlungserfahrungen oder sonstiges nicht vertragsgemäßes Verhalten zum Inhalt haben, sondern Informationen über die Beauftragung, Durchführung und Beendigung eines Vertrags, an Kreditauskunfteien (…) zu übermitteln, ohne dass eine Einwilligung des Klägers vorliegt, also insbesondere nicht auf der Basis von Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO zur Verbesserung der Qualität der Bonitätsbewertungen oder zum Schutz der beteiligten Wirtschaftsakteure vor kreditorischen Risiken”

Das Gericht bewertete diesen Antrag als viel zu weitreichend und wies auch hinsichtlich dieses Punktes das Begehren zurück:

"Denn ein solcher Unterlassungsantrag, der losgelöst von der konkreten Verletzungsform auf ein allgemeines Verbot der Übermittlung sogenannter Positivdaten von Mobilfunknutzern an Wirtschaftsauskunfteien gerichtet ist, erweist sich als zu weitgehend, da jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine Datenübermittlung aus Gründen der Betrugsprävention bei datenschutzkonformer Ausgestaltung des Prozesses im berechtigten Interesse des Verantwortlichen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 1 lit. f DSGVO liegen kann (…). Die Formulierung „insbesondere“ im Klageantrag lässt zudem auch offen, welche weiteren Fallgestaltungen umfasst sein sollen.

Der Kläger erstrebt ein allgemeines Verbot der Übermittlung von Positivdaten. 

Insofern ist zwar auch nach Auffassung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) „eine pauschal vorgesehene Einmeldung von Informationen wie Aufnahme und Beendigung eines Telekommunikationsvertrags verbunden mit Name, Anschrift und Geburtsdatum an eine Auskunftei ohne eine Einwilligung nicht in jedem Fall [...] datenschutzrechtlich zulässig“. 

Hiernach ist es aber weiter möglich, dass eine andere Ausgestaltung des Umgangs mit Positivdaten einem berechtigten Interesse der Beklagten zur Betrugsprävention, die in Erwägungsgrund 46 der DSVGO ausdrücklich erwähnt ist, entsprechen kann. 

Spräche man indes ein allgemeines Verbot der Einmeldung von Positivdaten an Auskunfteien aus, führte dies dazu, dass eine Übermittlung selbst bei datenschutzkonformer Ausgestaltung dieses Prozesses – also unter Darlegung, in welchen Szenarien und unter Vorschaltung interner Prüfprozesse etc. eine Übermittlung erfolgt – untersagt wäre, was mit dem zitierten Erwägungsgrund der DSGVO ersichtlich nicht in Übereinstimmung zu bringen wäre. Der Beklagten ist ein ihr nach der DSGVO eingeräumter Gestaltungsspielraum beim Umgang mit Positivdaten zu belassen, den sie in den bestehenden Grenzen gestalten kann. Die Möglichkeit und Notwendigkeit einer Einzelfallbetrachtung hat auch der BfDI zutreffend betont (…)."

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