Das LG München I (Urt. v. 06.04.2020 - Az.: 3 O 909/19) hat sich zum Umfang und Inhalt des datenschutzrechtlichen Anspruchs auf Zusendung von Kopien nach Art. 15 Abs.3 DSGVO geäußert.
Die Klägerin begehrte Schadensersatz von der Beklagten aufgrund fehlerhafter Beratung im Bereich von Finanzanlagen. Sie machte u.a. auch einen Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs.3 DSGVO geltend und begehrte die Kopien aller vorhandenen personenbezogenen Daten über sich.
Auf diese Aufforderung erhielt die Klägerin eine Aufstellung ihrer gespeicherten Personendaten, jedoch keine weitergehenden Kopien oder Dokumente. Die Beklagte war im Besitz zahlreicher Telefonnotizen und Schreiben mit Bezug zur Beratungstätigkeit, lehnte die Übersendung einer Kopie aber an.
Zu Unrecht wie das LG München I nun entschied:
"Nach Überzeugung des Gerichts kann Art. 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO nur so verstanden werden, dass unter die Vorschrift sowohl persönliche Informationen wie Identifikationsmerkmale (z.B. Name, Anschrift und Geburtsdatum), äußere Merkmale (wie Geschlecht, Augenfarbe, Größe und Gewicht) oder innere Zustände (z.B. Meinungen, Motive, Wünsche, Überzeugungen und Werturteile) fallen als auch sachliche Informationen wie etwa Vermögens- und Eigentumsverhältnisse, Kommunikations- und Vertragsbeziehungen und alle sonstiger Beziehungen der betroffenen Person zu Dritten und ihrer Umwelt. Auch solche Aussagen, die eine subjektive und/oder objektive Einschätzung zu einer identifizieren oder identifizierbaren Person liefern, weisen einen Personenbezug auf (...).
Soweit die Beklagte den Begriff der personenbezogenen Daten auf die bereits mitgeteilten Stammdaten begrenzt sehen möchte und meint, eine weitergehende Pflicht zur Auskunft über vorhandene Vermerke Telefonaten und sonstigen Gesprächen bestehe nicht, ist ein entsprechendes Verständnis mit dem der DSGVO zugrundeliegenden weit gefassten Datenbegriff nicht in Einklang zu bringen.
Für eine solche Einschränkung bieten weder der Wortlaut noch der Telos einen Anhaltspunkt. Art. 15 DSGVO bildet zusammen mit Art. 13 und Art. 14 DSGVO einen ganz wesentlichen Bestandteil der Betroffenenrechte, indem sie diesen ein Höchstmaß an Transparenz vermittelt und eine Rechtmäßigkeitskontrolle ermöglicht. Diese Bedeutung hat der europäische Normgeber in Erwägungsgrund 63 deutlich zum Ausdruck gebracht:
„Eine betroffene Person sollte ein Auskunftsrecht hinsichtlich der sie betreffenden personenbezogenen Daten, die erhoben worden sind, besitzen und dieses Recht problemlos und in angemessenen Abständen wahrnehmen können, um sich der Verarbeitung bewusst zu sein und deren Rechtmäßigkeit überprüfen zu können. Dies schließt das Recht betroffene Personen auf Auskunft über ihre eigenen gesundheitsbezogenen Daten ein, etwa Daten in ihren Patientenakten, die Informationen wie beispielsweise Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden Ärzte und Angaben zu Behandlungen oder Eingriffen enthalten.“
Und weiter:
"Vor dem Hintergrund, dass es durch die Entwicklung der Informationstechnologie mit ihren umfassenden Verarbeitungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten keine belanglosen Daten mehr gibt (so bereits BVerfG, Urteil vom 15.12.1983, Az. 1 BvR 209/83 - zitiert nach juris), kann Art. 15 DSGVO die vorgesehenen Betroffenenrechte nur dann gewährleisten, wenn eine entsprechend weite Auslegung erfolgt. Soweit damit in Gesprächsvermerken oder Telefonnotizen Aussagen der Klägerin oder Aussagen über die Klägerin festgehalten sind, handelt es sich hierbei ohne weiteres um personenbezogene Daten, welche zu beauskunften sind und über welche der Klägerin eine Kopie zur Verfügung zu stellen ist.
Unter Zugrundelegung dessen ist der bestehende Auskunftsanspruch durch die Beklagte bislang nicht voll erfüllt worden. Denn durch die Beklagte zur Verfügung gestellt worden sind lediglich die bei ihr vorgehaltenen Stammdaten."