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Kategorie: Onlinerecht

LG Flensburg: Dating-Plattform muss bereits in seiner Werbung deutlich auf Fake-Profile hinweisen

Der Betreiber eines Online-Dating-Plattform muss deutlich auf von ihm künstliche erzeugte Profile hinweisen, wenn es sich bei sämtlichen Charakteren um fiktive handelt. Dieser Hinweis muss bereits im Rahmen der Werbung erfolgen (LG Flensburg, Urt. v. 04.05.2022 - Az.: 8 O 8/22).

Die Beklagte betrieb eine Dating-Internetseite. Auf der Startseite hieß es u.a.

"Einfach und schnell Leute kennen lernen
Bist du immer noch auf der Suche nach deinem Traumpartner? Oder hast Du das Verlangen, neue Bekanntschaften zu machen? Hier bist Du richtig.  (...) ermöglicht dir genau das! Chatten, kennenlernen und vieles mehr unmittelbar in deiner Nähe"

Und:

"Hier findest Du nicht nur die Liebe deines Lebens, sondern auch etwas ganz Unverbindliches. direkt bei Dir in deiner Nähe oder weiter weg."

In den AGB, die der Teilnehmer bestätigen musste, erfuhr der User, dass es sich bei den Gesprächspartnern um professionelle Chat-Partner handelte:

"Unsere Leistung besteht in der Bereitstellung von prickelnden Gesprächen mit professionellen Chat-Partnem, die wir sorgfältig ausgesucht haben.

Diese werden über unsere Plattform mit Ihnen chatten und flirten, wenn Sie das wollen. Die professionellen Chat-Partnerbetreiben rein fiktive, der bloßen Unterhaltung dienende Profile. Sie arbeiten für uns und stehen nicht für Treffen außerhalb der Plattform zur Verfügung Sämtliche Äußerungen und alle persönlichen Daten der fiktiven Profile werden von den professionellen Chat-Partnern frei erfunden. Ein weibliches Profil kann auch von einem männlichen professionellen Chat-Partner und ein männliches Profil kann auch von einer weiblichen professionellen Chat-Partnerin sowie umgekehrt betrieben werden. (...)

Sie werden bei Chats nicht gesondert darauf hingewiesen, dass Sie nur mit einem professionellen Chat-Partner flirten und chatten. (...)

Auch wenn Sie entgeltliche Dienste nutzen, werden bei (...) gerade keine Kontakte zu wirklich existierenden Personen vermittelt. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass Sie bei (...) ausschließlich mit von den professionellen Chat-Partnern betriebenen fiktiven Profilen chatten und flirten werden."

Dies stufte das LG Flensburg als wettbewerbswidrig ein.

Denn es liege durch die Ausgestaltung eine Irreführung vor. Durch die vorgenommenen Werbeaussagen (u.a. "Bist du immer noch auf der Suche nach deinem Traumpartner? ") werde der Eindruck vermittelt, dass es sich um echte Profile handle, die ebenfalls auf der Suche nach einem Partner seien. In Wahrheit handle es sich jedoch um professionelle Agenten.

Die Wettbewerbsverletzung liege bereits in der Tatsache, dass ein Interessent sich näher mit dem Angebot der Beklagten beschäftige. Die Aufklärung müsse daher bereits im Rahmen der Werbung erfolgen. Die Platzierung in den AGB erfolge zu spät:

"Es ist daher ausreichend, wenn die Fehlvorstellung des angesprochenen Verkehrs diesen veranlasst, sich durch Aufruf der Bestellwebsite oder durch Betreten des Geschäfts mit dem Angebot näher zu befassen, auch wenn es nicht zum Kauf kommt (...).

Letzteres kann auch hier angenommen werden. Die Werbung veranlasst Verbraucher, die die Möglichkeit in Erwägung ziehen, über derartige Kommunikationsplattformen Menschen zu finden, die ebenfalls nach einem Partner / einer Partnerin suchen oder einen sonstigen sozialen Kontakt, der über den eines Chats hinausgeht, herstellen möchten, sich mit dem Angebot der Beklagten zu befassen.

Da die geschäftliche Entscheidung bereits darin besteht, dass Verbraucher veranlasst werden, sich mit dem Angebot der Beklagte näher zu befassen, kommt es nicht darauf an, dass der Verbraucher in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (...) über den tatsächlichen Umfang der Leistungen aufgeklärt wird."

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, es läuft vor dem OLG Flensburg das Berufungsverfahren (Az.: 6 U 35/22)

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