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Kategorie: Urheberrecht

LG Köln: Fotos von einer Fototapete sind Urheberrechtsverletzung

Das Abfotografieren und Veröffentlichen einer Fototapete in einer Ferienwohnung stellt eine Urheberrechtsverletzung dar, da die Tapete kein unwesentliches Beiwerk ist.

Werden Fotos vom Inneren einer Ferienwohnung angefertigt und veröffentlicht und wird dabei auch die Fototapete mit abgelichtet, liegt hierin ein Urheberrechtsverstoß (LG Köln, Urt. v. 18.04.2024 - Az.: 14 O 60/23).

Die Beklagte unterhielt eine Ferienwohnung.und bewarb diese auch online. Sie verwendete dazu auch Bilder der Räumlichkeiten. Auf diesen war auch die Fototapete der Klägerin, die an den Wänden angebracht war, zu sehen.

Das LG Köln stufte dies als Urheberrechtsverletzung ein.

1. Kein unwesentliches Beiwerk iSd. § 57 UrhG:

Ausdrücklich stellt das Gericht klar, dass die Fototapete kein unwesentliches Beiwerk ist und somit nicht die Ausnahme des § 57 UrhG greife:

"Vorab stellt die Kammer klar, dass eine Anwendung der Schranke des § 57 UrhG nach der maßgeblichen höchstrichterlichen deutschen Rechtsprechung vorliegend nicht in Betracht kommt (im Urteil des OLG Düsseldorf wurde dies ausdrücklich offengelassen).

(1) Nach § 57 UrhG ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken zulässig, wenn sie als unwesentliches Beiwerk neben dem eigentlichen Gegenstand der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe anzusehen sind. Die Bestimmung erfasst auch das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung im Sinne von § 19 a UrhG (..). 

Die Frage, ob ein urheberrechtlich geschütztes Werk gemäß § 57 UrhG lediglich als unwesentliches Beiwerk in Bezug auf den eigentlichen Nutzungsgegenstand anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls aus der Sicht eines objektiven Durchschnittsbetrachters zu beantworten. (…)

(2) In Anwendung dieser Grundsätze kann die streitgegenständliche Fotografie vorliegend in ihrer konkreten Verwendung nicht als unwesentliches Beiwerk des angegriffenen Werbefotos der Beklagten angesehen werden. 

Vielmehr wird die streitgegenständliche Fotografie in Form der Fototapete erkennbar als zentrales Element der Fotos verwendet. Das Foto ist gerade dafür gedacht, die Räumlichkeiten der Beklagten abzubilden. Das Motiv der Fototapete bildet also ersichtlich einen wesentlichen Teil des zu Werbezwecken ins Internet eingestellten Lichtbildes. Es nimmt quantitativ einen erheblichen Teil der Fotografie ein. Auch qualitativ ist es als maßgeblicher Teil der Raumgestaltung und der damit einhergehenden Stimmung keineswegs untergeordnet.

Dabei mag es sein, dass das Vorhandensein der Fototapete für die Gäste der Beklagten nicht relevant erscheint. Vorliegend ist aber auf die konkrete Verletzungsform abzustellen und diese zu bewerten. Es kommt deshalb nur darauf an, welche Wirkung das übernommene Lichtbild in den Fotografien der Beklagten hat. Dabei kommt es auch darauf an, ob die Fototapete mit dem darauf großflächig abgebildeten Foto des Klägers nicht weggelassen oder ausgetauscht werden kann, ohne dass dies dem durchschnittlichen Betrachter auffiele (…). 

Es kommt folglich nicht auf vereinzelte Kunden der Beklagten an. Die Bewertung aus Sicht des durchschnittlichen Betrachters kann die Kammer jedoch selbst als generalisierende Wertung vornehmen, da die Kammermitglieder insoweit auch zum Kreis der durchschnittlichen Betrachter gehören."

2. Keine konkludente Nutzungseinräumung:

Vor kurzem hatte das OLG Düsseldorf (Urt. v. 08.02.2024 - Az.: I-20 U 56/23) entschieden, dass ein Fotograf nicht gegen die Veröffentlichung von Hotelzimmerbildern vorgehen kann, die seine lizenzierten Fototapeten zeigen, vgl. unsere Kanzlei-News v. 13.05.2024. Die Düsseldorfer Juristen vertraten den Standpunkt, dass das Verhalten der Klägerin widersprüchlich sei: Sie habe den Vertrieb der Fototapete ausdrücklich erlaubt. Dann müsse sie auch damit rechnen, dass diese Werke vertragsgemäß genutzt würden.

Dieser Ansicht erteilt das LG Köln eine klare Absage:

"Im Übrigen überzeugen die Ausführungen des LG und des OLG Düsseldorf in rechtlicher Hinsicht nicht. Sie führen konsequent zu Ende gedacht dazu, dass für eine Vielzahl von urheberrechtlichen Schutzgegenständen vom Urheber bzw. Rechteinhaber allein durch angeblich schlüssiges Verhalten sehr weit reichende Nutzungsrechte eingeräumt werden, die zudem scheinbar beliebig unterlizenziert werden können. Dies ist jedoch weder mit der Rechtsgeschäftslehre noch mit der Zweckübertragungslehre noch mit sonstigen urheberrechtlichen Grundsätzen in Einklang zu bringen. (…)

Der Argumentation des LG Düsseldorf betreffend die Unmöglichkeit eines „Fotografierverbots“ oder das Bedürfnis nach korrekter Darstellung der Räume im Hotelierbereich steht ferner entgegen, dass eine naheliegende Lösung der Problematik unerwähnt bleibt. Eine einmal angebrachte Fototapete kann auch wieder entfernt werden und durch eine nicht urheberrechtlich geschützte Gestaltung ersetzt werden (genau dies ist im hiesigen Fall auch nach der Abmahnung geschehen). Insofern steht dem Hotelier o.Ä. durchaus noch ein gewisser Handlungsspielraum zu, sei dieser auch mit Kosten verbunden. Auch vor diesem Hintergrund ist die Herleitung einer weitgehenden Lizenz zu Lasten des Urhebers und zur Legalisierung einer von der Allgemeinheit nicht als problematisch angesehen Verwertung abzulehnen. (…)"

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