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Kategorie: Wirtschaftsrecht

EuGH: Für schwangere Arbeitnehmerinnen gelten u.U. längere Fristen, um Kündigungsschutzklage zu erheben

Schwangere Arbeitnehmerinnen benötigen angemessene Fristen, um Kündigungen rechtlich anzufechten, da zwei Wochen oft zu kurz sind.

Einer schwangeren Arbeitnehmerin muss eine angemessene Frist  eingeräumt werden, um ihre Kündigung vor Gericht anfechten zu können  

Eine Frist von zwei Wochen für den Antrag auf Zulassung einer verspäteten Klage scheint zu kurz zu sein  

Eine Angestellte eines Pflegeheims ficht ihre Kündigung vor einem deutschen Arbeitsgericht an. Sie beruft sich auf  das Verbot, einer Schwangeren zu kündigen. Das Arbeitsgericht ist der Auffassung, dass es die Klage normalerweise  als verspätet abweisen müsse.  

Als die Arbeitnehmerin von ihrer Schwangerschaft Kenntnis erlangt und die Klage erhoben habe, sei nämlich die im deutschen Recht vorgesehene ordentliche Frist – drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung – bereits verstrichen gewesen. Überdies habe die Arbeitnehmerin es versäumt, innerhalb der im deutschen Recht  vorgesehenen weiteren Frist von zwei Wochen einen Antrag auf Zulassung der verspäteten Klage zu stellen.  

Das Arbeitsgericht fragt sich jedoch, ob die in Rede stehende deutsche Regelung mit der Richtlinie über schwangere  Arbeitnehmerinnen vereinbar ist. Es hat daher den Gerichtshof dazu befragt.  

Der Gerichtshof stellt fest, dass nach der deutschen Regelung eine schwangere Arbeitnehmerin, die zum Zeitpunkt  ihrer Kündigung Kenntnis von ihrer Schwangerschaft hat, über eine Frist von drei Wochen verfügt, um eine Klage zu  erheben.

Dagegen verfügt eine Arbeitnehmerin, die aus einem von ihr nicht zu vertretenden Grund vor Verstreichen dieser  Frist keine Kenntnis von ihrer Schwangerschaft hat, nur über zwei Wochen, um zu beantragen, eine solche Klage  erheben zu können.  

Nach Auffassung des Gerichtshofs scheint eine so kurze Frist, insbesondere verglichen mit der ordentlichen  Frist von drei Wochen, mit der Richtlinie unvereinbar zu sein. In Anbetracht der Situation, in der sich eine Frau  zu Beginn ihrer Schwangerschaft befindet, scheint diese kurze Frist nämlich dazu angetan, es der schwangeren  Arbeitnehmerin sehr zu erschweren, sich sachgerecht beraten zu lassen und gegebenenfalls einen Antrag auf  Zulassung der verspäteten Klage sowie die eigentliche Klage abzufassen und einzureichen.  

Es ist jedoch Sache des Arbeitsgerichts, zu prüfen, ob dies tatsächlich der Fall ist.  

Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-284/23 | Haus Jacobus  

Quelle: Pressemitteilung des EuGH v. 27.06.2024

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