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LG München I: Gewinnspiele im Internet

Erst vor kurzem hat der EuGH eine wegweisende Entscheidung zu Gewinnspielen im Internet getroffen, vgl. Kanzlei-Info v. 10.11.2003.

Die Richter hatten darüber zu entscheiden, ob eine innerstattliche Regelung, die das Sammeln von Wetten dem Staat oder seinen Konzessionären vorbehält, evtl. gegen das EU-Recht (Niederlassungsfreiheit, Freier Dienstleistungsverkehr) verstößt. Danach darf in das EU-Recht der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehres nur dann eingegriffen werden, wenn dies zum Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung erforderlich ist. D.h. das Hauptziel solcher Beschränkungen muss einem zwingenden Grund des Allgemeininteresses dienen, z.B. die Verminderung von Glücksspiel.

Mit der Erzielung von Einnahmen für die Staatskasse können - darauf weisen die Richter ausdrücklich hin - diese Eingriffe dagegen nicht begründet werden. Ein Staat könne sich nicht einerseits auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung berufen kann, andererseits zur Teilnahme an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten aufrufen, um daraus selber Einnahmen zu erzielen.

Dieser Ansicht ist auch das LG München I in seinem aktuellen Beschluss (Besch. v. 27. Oktober 2003 - Az.: 5 Qs 41/2003).

Gemäß §§ 284, 287 StGB macht sich strafbar, wer ohne behördliche Erlaubnis Gewinnspiele
veranstaltet.

Nun vertreten die Münchener Richter die Auffassung, dass eine ausländische Glücksspiel-Lizenz ausreicht, um nicht das Tatbestandsmerkmal des § 284 StGB zu erfüllen. Dabei wird maßgeblich auf die Grundgedanken des EuGH-Urteils Bezug genommen:

"(..) in der Bundesrepublik Deutschland sind Wetten (...) nach Maßgabe behördlicher Erlaubnis generell zulässig. Die Wettveranstaltungen werden sogar in allen Medien nachdrücklich beworben, nicht zuletzt unter dem Aspekt, dass ein Teil der Einnahmen gemeinnützigen Zwecken zufließt.

Dem Gesichtspunkt der Bekämpfumg bzw. Eindämmung der Spielsucht kommt dabei (...) keinerlei Bedeutung zu."


Und weiter führt das Gericht aus:

"Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass in Deutschland die Wetten (...) unter staatlicher, nämlich landesrechtlicher Monopolregie stehen Entscheidend für diese Regelung sind jedoch nicht etwa rechtsethische oder ordnungspolitische Erwägungen, sondern vor allem fiskalische Gesichtspunkte. Im Hinblick auf die in Deutschland geltende Regelung ist es jedenfalls nicht gerechtfertigt, privatrechtlich geführte Wettveranstaltungen unter der Geltung des EU-Rechts an eine besondere deutsche Erlaubnis zu binden, wenn, wie hier, eine österreichische Erlaubnis vorliegt."

Sollte sich diese Ansicht in der Rechtsprechung durchsetzen - und dies erscheint angesichts des aktuellen EuGH-Urteils wahrscheinlich - dürfte dies zu einer grundlegenden Änderung der Rechtslage in diesem Bereich führen. Auf die weitere Rechtsentwicklung darf man daher außerordentlich gespannt sein.



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