Ein Online-Casino aus Gibraltar, das über keine inländische Glücksspiel-Lizenz verfügt, muss die Spieleinsätze eines Spielers aus Deutschland zurückzahlen (LG Bielefeld, Urt. v. 03.02.2022 - Az.: 6 O 231/20).
Die Beklagte betrieb ein Online-Casinos und verfügte in Gibraltar über eine entsprechende Glücksspiel-Lizenz.
Der Kläger spielte dort mit. Er setzte 120.000,- EUR ein (Einzahlungen) und erhielt Auszahlungen iHv. rund 60.000,- EUR.
Bei der Anmeldung bestätigte der Kunde die AGB. Dort war auch nachfolgende Regelung enthalten:
"Die vorliegenden Verträge unterliegen dem Recht von Gibraltar und werden entsprechend ausgelegt."
Der Kläger verlangte nun rund 60.000,- EUR (= Differenz zwischen Ein- und Auszahlungen) zurück, weil die Beklagte gegen den GlüStV verstoßen habe.
Das Gericht verurteilte das Online-Casino zur Rückzahlung des verlangten Betrages.
Die Regelung in den AGB, dass das Recht des Gibraltar anzuwenden sei, sei unwirksam:
"Gem. Art. 6 Abs. 1 Rom-I-VO ist deutsches Recht anwendbar. Danach ist bei Verträgen mit Verbrauchern das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, hier also Deutschland.
Aus Ziff. 24 der AGB der Beklagten ergibt sich keine anderslautende Vereinbarung (...), da diese ohne Hinweis auf weiterhin anwendbare zwingende Vorschriften des deutschen Rechts gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB den Verbraucher unangemessen benachteiligt und somit unwirksam ist (vgl. BGH, Urteil v. 19.07.2012 - I ZR 40/11)."
Die Beklagte sei zur Rückzahlung verpflichtet, da sie über keine inländische Lizenz verfüge und somit gegen den GlüStV verstoßen habe. Der geschlossene Vertrag sei unwirksam:
"Die Leistung erfolgte ohne Rechtsgrund, da der Rahmenvertrag und die Spielverträge wegen eines Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. gem. § 134 BGB nichtig sind.
Danach ist das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten. Gegen diese Verbotsnorm hat die Beklagte verstoßen, indem sie ihr Onlineangebot auch Spielteilnehmern aus Nordrhein-Westfalen zugänglich gemacht hat.
Nach zutreffender Auffassung des OLG Hamm (Beschluss v. 12.11.2021, I-12 W 13/21), der die Kammer folgt, steht das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. in Einklang mit Unionsrecht (BGH, Urteil v. 28.09.2011, MDR 2012, 350, BVerwG, Urteil v. 26.10.2017, BVerwGE 160,193).
Eine Verletzung von Art. 56 AEUV liegt nicht vor."
Und weiter:
"Zwar besteht nach der Neuregelung des GlüStV 2021 die Möglichkeit der Erlaubnis für öffentliche Glücksspiele im Internet, § 4 Abs. 4 S. 1 GlüStV 2021, eine solche in Deutschland gültige Erlaubnis besaß die Beklagte aber nicht. Ohne entsprechende Erlaubnis sind das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet weiterhin verboten, § 4 Abs. 4 S.2 GlüStV 2021.
Darüber hinaus ist hier für die Frage der Nichtigkeit auf den Zeitraum 2019 - 2020 abzustellen, da sich die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts grundsätzlich nach dem zum Zeitpunkt seiner Vornahme geltenden Recht richtet (BGH GRUR 2012, 1050, Rn. 21; BGH WM 2003, 1131; OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 249, 250). Im Fall der nachträglichen Aufhebung eines Verbotsgesetzes ist anerkannt, dass die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts, das zuvor unter Verstoß gegen das aufgehobene Gesetz abgeschlossen wurde, hiervon grundsätzlich unberührt bleibt (BGH NJW 2008, 3069, Rn. 14; NJW-RR 1997, 641, 642). Etwas anderes kommt ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn das Rechtsgeschäft gerade in der Erwartung und für den Fall geschlossen wird, dass das Verbotsgesetz aufgehoben wird (OLG Hamm, Beschluss v. 12.11.2021, I-12 W 13/21, BGH WuM 2007, 440). Dies war hier indes nicht der Fall."