Ein Rundfunkveranstalter haftet für unzulässige Glücksspiel-Werbung, die er ausstrahlt, sobald er auf die Rechtsverstöße hingewiesen wurde. Ein Rechtsverstoß liegt auch dann, wenn nur auf Domains mit kostenlosen Angeboten verwiesen wird (BGH, Urt. v. 23.02.2023 - Az.: I ZR 155/21).
Der verklagte private Fernsehsender strahlte mehrere Glücksspiel-Angebote aus, u.a. Wunderino, DrückGlück und MrGreen. Es wurden jeweils nur Domains genannt, auf denen der Teilnehmer kostenlos mitspielen konnte.
Der BGH stufte dies gleichwohl als Rechtsverstoß ein. Denn durch die Werbung und den Verweis auf die kostenlosen DE-Domains werde zugleich auch mittelbar für die entgeltpflichtigen COM-Domains geworben:
"Ebenfalls als rechtsfehlerfrei erweist sich die Beurteilung des Berufungsgerichts, durch die ausgestrahlten Fernsehspots sei für die unerlaubten Glücksspiele auf den Internetseiten "www.drueckglueck.com", "www.wunderino.com", "www.mrgreen.com" und "www.rizk.com" geworben worden.
(...) Das Berufungsgericht hat angenommen, mit den Fernsehspots sei ersichtlich das Ziel verfolgt worden, den Absatz von Dienstleistungen hinsichtlich der Glücksspielangebote auf den "com"-Internetseiten zu fördern. Die Internetangebote unter den jeweiligen "de"- und "com"-Domainnamen wiesen hinsichtlich ihrer Farbgebung, der verwendeten grafischen Elemente, der eingesetzten Logos, des Aufbaus der Internetseiten und/oder der verfügbaren Spiele Übereinstimmungen oder Ähnlichkeiten auf, wobei die Domainnamen in ihren unterscheidungskräftigen Bestandteilen übereinstimmten.
Der angesprochene Verbraucher schließe daraus auf eine Zusammengehörigkeit der Angebote. Er werde sich maßgeblich die Kennzeichen "Drückglück", "Wunderino", "MrGreen" und "Rizk" einprägen und diese bei der Suche nach den beworbenen Angeboten im Internet in eine Suchmaschine eingeben. Da in diesem Fall jedenfalls auch die "com"-Domainnamen angezeigt würden, bestehe die naheliegende Möglichkeit, dass ein interessierter Verbraucher auf die dortigen Internetseiten gelange.
Der Begriff der Werbung umfasst auch Maßnahmen, die - wie das Berufungsgericht festgestellt hat - der mittelbaren Absatzförderung von Produkten auf einer anderen als der unmittelbar beworbenen Internetseite dienen (...)."
Im konkreten Fall genieße die Beklagte als Rundfunkbetreiber jedoch gewisse Haftungsprivilegien, sodass sie eine Verantwortlichkeit nur dann treffe, wenn sie grobe und rechtswidrige Rechtsverletzungen festgestellt habe:
"Die (...) hat die Pflicht zur Überprüfung der Fernsehspots auf grobe und unschwer erkennbare Rechtsverstöße mit Blick auf die Bewerbung der unerlaubten Glücksspiele auf den Internetseiten mit der Top-Level-Domain "com" jedoch nicht verletzt.
Anhand der vorgerichtlichen Hinweise des Klägers musste sich der (...) nicht aufdrängen, dass die ausgestrahlten Fernsehspots Werbung für die unerlaubten Glücksspielangebote auf den Internetseiten "www.drueckglueck.com", "www.wunderino.com", "www.mrgreen.com" und "www.rizkcasino.com" enthielten.
Die vom Berufungsgericht angenommene umfassende Ähnlichkeit der Internetangebote unter den jeweiligen Top-Level-Domains "de" und "com" ergab sich aus den Schreiben des Klägers nicht hinlänglich.
Zur Annahme eines daraus folgenden Rechtsverstoßes bedurfte es zudem eingehender rechtlicher Überlegungen zur Bewerbung der in den Fernsehspots nicht genannten Internetseiten, ohne dass die Rechtsfrage einer mittelbaren Werbung zum damaligen Zeitpunkt höchstrichterlich geklärt war.
Die deshalb anzustellende aufwändige Prüfung der Sach- und Rechtslage war der (...) nicht zumutbar (vgl. BGH, GRUR 2021, 1534 [juris Rn. 84 bis 86] - Rundfunkhaftung I). Dass sie ausweislich des anwaltlichen Schreibens vom 10. April 2019 dennoch eine Rechtsprüfung veranlasst und danach eine unzulässige mittelbare Werbung für nicht gegeben erachtet hat, kann ihr nicht zum Nachteil gereichen."