BGH: Grundlagen-Entscheidung zur Abgrenzung von Online-Versicherungsvermittlung und bloßem Tippgeber

01.04.2014

Der BGH hat eine wichtige Grundlagen-Entscheidung zur Versicherungsvermittlung bei Online-Finanzgeboten getroffen (BGH, Urt. v. 28.11.2013 - Az.: I ZR 7/13).

Seit vielen Jahren ist umstritten, wie im Online-Bereich der bloße Tippgeber, der keine besondere behördliche Genehmigung braucht, vom Versicherungsvermittler abzugrenzen ist, der einer staatlichen Lizenz bedarf. Diese Problematik hat bislang vor allem die Affiliate-Szene in Atem gehalten, vgl. unseren Aufsatz "Kritische Angebote in Partnerprogrammen: Finanzprodukte".

Dieser Streit hatte nicht nur zivilrechtliche, sondern sogar strafrechtliche Konsequenzen, wie ein Strafurteil des AG Straubing (Urt. v. 03.03.2011 - Az.: 8 OWi 142 Js 94374/19) zeigte.

Im vorliegenden Fall ging es um die bekannte Online-Plattform Tchibo.de.

Tchibo bot auf seiner Webseite unterschiedliche Versicherungs- und Finanzverträge von Dritten an, verfügte jedoch über keine Erlaubnis nach § 34c GewO und § 34d GewO. Dies sah ein Wettbewerbsverein als rechtswidrig an und klagte auf Unterlassung.

In der 1. und 2. Instanz verurteilten das LG Hamburg und das OLG Hamburg Tchibo. Anhand der Tätigkeit und des Webauftritts werde deutlich, so die Hamburger Robenträger dass Tchibo nicht nur als bloßer Tippgeber agiere, der mit der eigentlichen Vermittlung nichts zu tun habe. Hören Sie dazu auch unseren Law-Podcast "Tchibo.de: Online-Finanzprodukte und Versicherungen nur mit amtlicher Erlaubnis?".

Nun hat der BGH (Urt. v. 28.11.2013 - Az.: I ZR 7/13) in diesem Fall ein Machtwort gesprochen:

"Die Abgrenzung der Versicherungsvermittlung von einer Tätigkeit, die ausschließlich darauf gerichtet ist, Kontakte zwischen einem potentiellen Verscherungsnehmer und einem Versicherungsvermittler herzustellen, richtet sich nach dem objektiven Erscheinungsbild der ausgeübten Tätigkeit.

Bewirbt ein Handelsunternehmen im Rahmen seines Internetauftritts konkrete Versicherungsprodukte und ermöglicht es den Online-Abschluss von Versicherungsverträgen auf einer Internetseite eines Versicherungsvermittlers, ist auch das Handelsunternehmen Versicherungsvermittler, wenn dem Verbraucher der Wechsel des Betreibers der Internetseite verborgen bleibt."

Da auf der von Tchibo.de weitergeleiteten Webseite weiterhin der Verbraucher den Eindruck erhielt, dass es sich um eine von Tchibo (zumindest mit betreute) URL handle, stufte der BGH das bekannte Unternehmen als Versicherungsvermittler ein.

Da die Firma über keine entsprechende Erlaubnis verfügte, handete es sich um einen Wettbewerbsverstoß.

Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Der BGH hat mit der aktuellen Entscheidung die seit vielen Jahren bestehende Rechtsunsicherheit für den Online-Bereich beseitigt.

Dabei geht das Urteil weit über den Bereich der Bewerbung von Finanzprodukten hinaus, denn die Ausführungen der Karlsruher Juristen sind auf jede Form der zulassungspflichten Versicherungsvermittlung 1:1 übertragbar.

Damit ist zukünftig klar: Ein Affiliate, der fremde Finanz- und Versicherungsprodukte konkret bewirbt und Kunden "vermittelt", ist dann Tippgeber, wenn aus der verlinkten Landing-Page deutlich wird, dass es sich um die Webseite eines anderen Unternehmens handelt.

White-Label-Lösungen oder Fälle, bei denen aus der Landing-Page nicht die Fremdheit des beworbenen Angebots hinreichend deutlich hervorgeht, sind als zulassungspflichtige Vermittlung einzustufen.