Der Hashtag "#ad" ist als Kennzeichnung für das kommerzielle Posting einer Instagram-Influencerin nicht ausreichend, um den Vorwurf der Schleichwerbung zu entkräften (LG Heilbronn, Urt. v. 08.05.2018 - Az.: 21 O 14/18 KfH).
Die Beklagte war noch Schülerin und hatte bei Instagram einen Account mit mehr als 100.000 Followern. Sie schrieb als Influencerin insbesondere über Modethemen und hatte ein Gewerbe angemeldet, mit dem bislang ein Einkommen von ca. 1.000,- EUR erzielte.
Gelangte ein User auf die Seite der Beklagten und klickte dort bestimmte Fotos an, so erschien nach nochmaligem Klick im Bereich der Abbildung der Kleidung der Beklagten die Bezeichnung der Marke bzw. den Namen, unter denen die Kleidung oder ein anderes Produkt oder eine Veranstaltung mit Bezug zu der Abbildung beworben oder verkauft wurde. Ein Klick auf die betreffende Bezeichnung oder den Namen führte den User auf eine Internetseite des Unternehmens, welche die Kleidung oder das andere Produkt vertrieb oder vermarktete.
Die Klägerin beanstandete beispielhaft mehrere Postings der Beklagten und stufte diese als Schleichwerbung an, da der kommerzielle Charakter der Nachrichten nicht offengelegt werde.
Es ging dabei u.a. um einen Beitrag der Beklagten für eine bestimmte Messe. Im Zusammenhang mit dieser Veranstaltung erhielt sie ein T-Shirt im Wert von ca. 20,- EUR, welches sie auf dem dargestellten Bild trug, sowie zwei Eintrittskarten im Wert von insgesamt ca. 200,- EUR. Dafür sollte sie die Veranstaltung im Rahmen eines Postings mit Verlinkung auf die Instagram-Seite des Veranstalters bekannt machen.
Dies tat die Beklagte auch. In der Bildbeschreibung erklärte sie:
"Link for tickets in my bio! #ad".
Das LG Heilbronn verurteilte die Beklagte zur Unterlassung.
Mit deutlichen Worten nahm das Gericht zunächst eine geschäftliche Handlung an. Es sei vollkommen unerheblich, ob die Beklagte die vorgenommene Verlinkung zu den Unternehmensseiten unmittelbar vergütet erhalte oder nicht. Vielmehr sei maßgeblich, dass die Handlungen in jedem Fall (auch) dazu dienten, den eigenen Marktwert aufrechtzuerhalten oder sogar noch zu steigern:
"Der Erfolg der Seite, der in erster Linie zu messen ist an der Zahl der "Follower", der Erfolg der Werbung für die betreffenden Unternehmen sowie der gewerbliche Erfolg der Verfügungsbeklagten sind als Bestandteile eines Gesamtsystems im gewerblichen Zusammenhang zu begreifen. (...)
Die Aufmerksamkeit der "Follower" und deren Gefolgschaft wird nicht zuletzt potentiell gesteigert durch die Zahl der Posts. Mit anderen Worten: Je mehr Werbeaufträge, desto mehr Posts und desto mehr "Follower"; aber auch: Je mehr "Follower" oder Posts, desto mehr Werbeaufträge. Das System kann also sich selbst verstärkende Tendenzen kreieren, etwa dann, wenn über zahlreichere Werbeaufträge eine größere Zahl von Posts erfolgt, dies wiederum eine Zunahme der Zahl der "Follower" zur Folge hat und hierdurch weitere Werbeaufträge angeregt werden. Möglich ist aber auch umgekehrt ein sich selbst abschwächendes System, wobei das Interesse stets dahin gehen wird, das Drehen der Abwärtsspirale aufzuhalten."
Auch die Tatsache, dass die Beklagte die getragene Kleidung (teilweise) selbst gekauft habe, führe zu keiner anderen Bewertung:
"Aus diesem Grund kann im Zusammenhang mit einer auch gewerblichen Tätigkeit in diesem Bereich schon deswegen keine Abgrenzung zu rein privaten Posts geltend gemacht werden, weil das Posting stets im Zusammenhang mit der Förderung des Gesamtsystems zu begreifen ist. Dies betrifft namentlich Posts mit selbst gekauften Kleidungsstücken wie hier in Ansehung der Abbildungen drei und vier:
Auch diese Posts dienen dem Zweck, das dargestellte System als Ganzes aufrechtzuerhalten, möglichst einen sich selbst verstärkenden Trend wie oben dargelegt zu erzeugen bzw. aufrechtzuerhalten und einen sich selbst abschwächenden Trend zu vermeiden. Im Ergebnis werden mit solchen ohne Gegenleistung erbrachten Posts etwaige Lücken in der regelmäßigen Präsentation aufgefüllt und eine günstige Gesamtlage durch selbstfinanzierte Werbung zugunsten Dritter mit Blick auf zukünftige Werbeaufträge erzeugt."
Hinsichtlich der Pflicht zur Werbekennzeichnung bejahte das Gericht diese ebenfalls im vorliegenden Fall.
Die Kennzeichnung "#ad" genüge nicht als Hinweis auf die kommerzielle Werbung. Dem durchschnittlichen Verbraucher werde nicht klar, dass es sich hier um einen gesponserten Beitrag handle.
Auch den Einwand der Beklagten, dass nach den Werberichtlinien der Landesmedienanstalten (Ziff. 4 Abs.3 der Werberichtlinien) eine Produktplatzierung erst ab einem Wert von 1.000,- EUR überhaupt eine rechtliche Relevanz zukomme, wies das Gericht klar zurück.
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Die Entscheidung entspricht den bisherigen Urteilen in diesen Fällen.
Sowohl das KG Berlin (Beschl. v. 11.10.2017 - Az.: 5 W 221/17) als auch das OLG Celle (Urt. v. 08.06.2017 - Az.: 13 U 53/16) haben bereits entschieden, dass die Nutzung von Hashtags wie "#ad" oder "#sponsoredby" nicht ausreichend ist, um den Vorwurf der Schleichwerbung zu entkräften.
Vor allem das Gerichtsurteil zu Vreni Frost hat in der Vergangenheit für viel Aufregung gesorgt, vgl. hierzu unsere ausführliche Kommentierung der Entscheidung.