Der gesetzlich vorgeschriebene Informations-Hinweis nach Art. 72 BiozidVO muss in unmittelbarer räumlicher Nähe erfolgen. Es reicht nicht aus, ein Produkt auf der ersten Seite eines Print-Katalogs zu bewerben und die Aufklärungen erst viele Seiten später vorzunehmen (LG Essen, Urt. v. 28.04.2021 - Az.: 44 O 42/20).
Die Beklagte bewarb in ihrem Prospekt Hygienehandgel.
Derartige Biozid-Produkte müssen nach Art. 72 BiozidVO mit einem entsprechendem Hinweis versehen werden. Die Norm lautet:
"Artikel 72 Werbung
(1) Jeder Werbung für Biozidprodukte ist zusätzlich zur Einhaltung der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 folgender Hinweis hinzuzufügen: „Biozidprodukte vorsichtig verwenden. Vor Gebrauch stets Etikett und Produktinformationen lesen.“ Diese Sätze müssen sich von der eigentlichen Werbung deutlich abheben und gut lesbar sein.
(2) In der Werbung darf das Wort „Biozidprodukte“ in den vorgeschriebenen Sätzen durch den eindeutigen Verweis auf die beworbene Produktart ersetzt werden.
(3) In der Werbung für Biozidprodukte darf das Produkt nicht in einer Art und Weise dargestellt werden, die hinsichtlich der Risiken des Produkts für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder für die Umwelt oder seiner Wirksamkeit irreführend ist. Die Werbung für ein Biozidprodukt darf auf keinen Fall die Angaben „Biozidprodukt mit niedrigem Risikopotenzial“, „ungiftig“, „unschädlich“, „natürlich“, „umweltfreundlich“, „tierfreundlich“ oder ähnliche Hinweise enthalten."
Die Ware wurde auf Seite 1 des Katalogs beworben, die Biozid-Hinweise erfolgten jedoch erst auf Seite 11.
Dies stufte das Gericht als nicht ausreichend ein, da das Gesetz eine entsprechende räumliche Nähe zwischen Kaufgegenstand und der Information verlange:
"Hinsichtlich des erstens Prospektes teilt die Kammer die Kammer die Auffassung des Klägers, dass die Beklagte die durch die Aufspaltung ihrer Werbung auf S. 1, S. 11 des Prospektes bedingten Nachteile zu tragen hat.
Es handelt sich in diesem Fall nicht um eine einheitliche Werbung, so dass der Warnhinweis auf der S. 11 nicht den Anforderungen genügt.
Bereits auf S. 1 des Prospektes sind die wesentlichen Angaben zum Produkt enthalten, auf deren Grundlage der Verbraucher seine geschäftliche Entscheidung treffen kann. Insowit kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Verbraucher in jedem Fall dem Verweis folgt und die S. 11 tatsächlich zur Kenntnis nimmt."
Damit würden die gesetzlich vorgeschriebenen Info-Pflichten unterlaufen, so das Gericht:
"Der mit den gesetzlichen Regelungen der BiozidVO verbundene Informationsgehalt des Warnhinweises erreicht einen solchen Kunden, der seine Kaufentscheidung bereits nach Wahrnehmung der S. 1 getroffen hat, dann möglicherweise nicht mehr, was dem Sinn des Warnhinweises aus der BiozidVO zuwider läuft.
Wäre eine derartige Aufspaltung möglich, könnten wichtige Angaben zu den Produkten in einer Fussboßte oder an anderer Stelle, etwa am Ende des Prospektes, wiedergegeben werden.
Dies ist nicht Ansicht der Kammer nicht ausreichend. Insoweit kann auf eine Parallele zum Bereich der Pflichtangaben für Arzneimittel gezogen werden, die ebenfalls nicht zulässigerweise am Ende einer Anzeigenwerbung für mehrere Arzneimittel wiedergegben werden dürfen."