Ein Wettbewerbsverein, der seine Mitglieder nur als passive Mitglieder aufnimmt und bei dem sich für eine aktive Mitgliedschaft gesondert beworben und dann ein höherer Mitgliedsbeitrag bezahlt werden muss, ist nicht befugt, Wettbewerbsverstöße im Online-Bereich zu verfolgen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.06.2022 - Az.: 20 U 325/20).
Der Kläger war ein eingetragener Verein und verfolgte Wettbewerbsverletzungen im Internet. Nach eigenen Angaben gehörten ihm ca. 2.750 Mitglieder an, von denen 43 aktiv waren. Die Restlichen waren passiv.
Das OLG Düsseldorf verneinte die Befugnis des Vereins, Wettbewerbsverstöße zu verfolgen. Es fehle, so die Richter, an der erforderlichen Mitgliederstruktur:
"Im Hinblick auf die Mitgliederstruktur des Klägers kann indes nicht angenommen werden, dass er imstande ist, die Mitgliederinteressen tatsächlich wahrzunehmen. So kommt es zwar nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Klagebefugnis eines Verbands grundsätzlich nicht darauf an, über welche mitgliedschaftlichen Rechte dessen (...) Mitglieder verfügen, ob sie also stimmberechtigt sind oder nicht (...). Etwas anderes soll nach Auffassung des Bundesgerichtshofes aber gelten, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Mitgliedschaft in der Organisation dazu dienen sollte, künstlich die Voraussetzungen für die Verbandsklagebefugnis zu schaffen (...)."
Und weiter:
"Dies ist für den Streitfall zu bejahen.
Bedenkt man, dass die Klagebefugnis und Anspruchsberechtigung der Verbände ihre Legitimation auch aus ihrer Funktion der kollektiven Wahrnehmung von Mitgliederinteressen (...) erhält, dann muss nach Auffassung des Senats ein Verband seiner Struktur nach auch eine Meinungsbildung seiner – seinem Zweck nach – schützenswerten Mitglieder (hier Online-Unternehmer und Online-Freiberufler) zulassen. So mag es im Grundsatz völlig unbedenklich sein, dass ein Verein sowohl über aktive als auch über passive Mitglieder verfügt, entsprechend die Satzung des Klägers in der Vergangenheit auch nicht beanstandet wurde.
Gerade die Mitglieder, deren Interessen der Kläger nach § 2 seiner Satzung fördern will, nimmt er aber grundsätzlich nur als passive Mitglieder auf; um eine aktive Mitgliedschaft muss sich ein Mitglied, so der Vortrag des Klägers, vielmehr bewerben und dies ist auch mit einem weit höheren Mitgliedsbeitrag verbunden. So beliefen sich laut eigenem Vortrag des Klägers beispielsweise im Jahr 2020 die Mitgliedsbeiträge der insgesamt 51 aktiven Mitglieder auf 401.000 €.
Soweit der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, der Mitgliedsbeitrag könne reduziert werden, wenn sich ein Mitglied entsprechend umfangreich im Verein engagiere, bleibt unklar, ob es sich insoweit überhaupt um eine ernsthaft in Betracht kommende Option handelt, ob dies also tatsächlich und konkret geregelt ist oder ob darüber nur im Einzelfall entschieden wird."
Und weiter:
"Die passiven Mitglieder haben dann (...) kein Stimmrecht und können (...) nicht in Vereinsorgane gewählt werden. So sind denn auch nach dem Vortrag des Klägers von den derzeit etwa 2.750 Mitgliedern (...) nur 43 aktive Mitglieder. Von diesen wiederum sind aber allein 13 Rechtsanwälte. Bei den weiteren Mitgliedern handelt es sich auch nicht etwa um große Verbände, die ihrerseits über eine Vielzahl von Mitgliedern verfügen, sondern jeweils um einzelne Händler aus den unterschiedlichsten Bereichen (Spielwaren, KFZ-Zubehör, Handel mit Obst und Trockenfrüchten, Textilien, Nahrungsergänzungsmittel, Veranstaltungstechnik, Camping und Outdoor, Antiquitäten etc.).
Lediglich zwei Verbände zählen zu den aktiven Mitgliedern, wobei es sich bei dem einen Verband um den (...)., bei dem anderen um den (...) handelt. Letzterer zählt – wie die Rechtsanwälte auch – aber nicht einmal zu den „klassischen“ Online-Unternehmern und Online-Freiberuflern, deren Interessenwahrnehmung sich der Kläger aber zum Ziel gesetzt hat."
Es fehle daher an der notwendigen Mitgliederstruktur, sodass der Kläger nicht berechtigt sei, Online-Wettbewerbsverletzungen zu verfolgen.
Es läuft das Revisionsverfahren vor dem BGH (Az.: I ZR 111/22).