Eine Zeugenvernehmung mittels eines WhatsApp-Telefonats ist in einem verwaltungsrechtlichen Gerichtsverfahren nicht möglich, da ein Zeuge grundsätzlich vor Ort sein muss (OVG Sachsen, Beschl. v. 22.08.2022 - Az.: 6 A 122/20.A).
Inhaltlich ging es um ein verwaltungsrechtlichen Verfahren. Der Kläger hatte u.a. vorgetragen, dass der in Tschetschenien lebende Zeuge bestimmte Umstände bestätigen können.
Das Gericht lehnte diesen Antrag ab, da ein Zeuge sich grundsätzlich vor Ort befinden müsse:
"In der Rechtsprechung ist daher anerkannt, dass die fernmündliche Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen nicht mit dem Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme zu vereinbaren und daher unzulässig ist (BFH, Beschl. v. 17. August 2001 - IX B 20.01 -, juris Rn. 2; BSG, Urt. v. 9. Februar 1956 - 1 RA 57.55 -, juris Rn. 8).
Für die Vernehmung eines Zeugen via Whats-App gilt freilich nichts anderes. Zwar ermöglicht etwa die Videographiefunktion von Whats-App gegenüber reinen Telefonaten ein Mehr an persönlichem Eindruck. Er bleibt aber hinter den Möglichkeiten einer Vernehmung eines präsenten Zeugen deutlich zurück, zumal die Beteiligten nur eine eingeschränkte Sicht auf den kleinen Bildschirm haben."
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber vor einigen Jahren die Möglichkeit der Videokonferenz eingeführt habe:
"Dass die Vernehmung eines Zeugen unter Nutzung der Foto- oder Videographiefunktion von Whats-App unzulässig ist, folgt auch aus § 102a VwGO. Diese Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Intensivierung des Einsatzes der Videokonferenztechnik in gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren vom 25. April 2013 (BGBl. I S. 935) mit Wirkung vom 1. November 2013 in die Verwaltungsgerichtsordnung eingefügt. Mit ihr hat der Gesetzgeber den Grundsatz der Unmittelbarkeit gelockert, indem er - um die Einbeziehung von Personen an einem anderen Ort in die mündliche Verhandlung zu ermöglichen - nun die Nutzung von Videokonferenztechnik in der mündlichen Verhandlung unter bestimmten Voraussetzungen als zulässig erachtet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 7. April 2020 - 5 B 30.19 D -, juris Rn. 31).
Nach § 102a Abs. 2 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag gestatten, dass sich ein Zeuge, ein Sachverständiger oder ein Beteiligter während einer Vernehmung an einem anderen Ort aufhält. Die Vernehmung wird zeitgleich in Bild und Ton an diesen Ort und in das Sitzungszimmer übertragen (...)
Eine teilweise mittels Bild- und Tonübertragung durchgeführte Verhandlung setzt wohl voraus, dass jeder jeden anderen jederzeit sehen und hören kann. Das kann vor allem für das Gericht zu einem erheblichen technischen Aufwand führen, weil es sicherstellen muss, dass sich jeder Anwesende stets im Aufnahmebereich einer Kamera befindet (...). Auch wird durch die gerichtliche Bereitstellung der Videokonferenztechnik datenschutz- und datensicherheitsrechtlichen Mindestanforderungen Rechnung getragen, was bei einer Nutzung von mobilen Applikationen auf Smartphones, Tablets oder Notebooks möglicherweise nicht der Fall ist."