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Kategorie: Onlinerecht

OLG Stuttgart: Online-Shop muss Verbraucher Widerrufsrecht hinreichend deutlich erklären, abstrakte Widerrufsbelehrung unzureichend

Online-Shops müssen klar mitteilen, ob ein Widerrufsrecht besteht. Abstrakte Formulierungen ("Wenn Sie ein Verbraucher sind...") reichen nicht aus.

Ein Online-Shop muss den einkaufenden Verbraucher klar mitteilen, ob er ein Widerrufsrecht hat oder nicht. Es genügt nicht, wenn die Belehrung den Käufer selbst prüfen lässt, ob er ein Recht zum Widerruf hat (OLG Stuttgar, Urt. v. 11.03.2025 - Az.: 6 U 12/24).

Der klägerische Verbraucher erwarb online ein Elektroshop über den Online-Shop der Beklagten. 

Dabei hieß es in der Widerrufsbelehrung:

"Widerrufsbelehrung

Widerrufsrecht
Wenn Sie ein Verbraucher sind und diesen Vertrag ausschließlich unter der Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (wie z.B. über das Internet, per Telefon, E-Mail o.ä.) geschlossen haben, haben Sie das Recht, binnen vierzehn Tagen ohne Angabe von Gründen diesen Vertrag nach den nachstehenden Regelungen zu widerrufen.

Die Widerrufsfrist beträgt vierzehn Tage ab dem Tag, an dem Sie oder ein von Ihnen benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die Waren in Besitz genommen haben bzw. hat.

Um Ihr Widerrufsrecht auszuüben, müssen Sie uns (T. GmbH, …) mittels einer eindeutigen Erklärung (z.B. ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder E-Mail) über Ihren Entschluss, diesen Vertrag zu widerrufen, informieren. Sie können dafür das beigefügte Muster-Widerrufsformular verwenden, das jedoch nicht vorgeschrieben ist.

Zur Wahrung der Widerrufsfrist reicht es aus, dass Sie die Mitteilung über die Ausübung des Widerrufsrechts vor Ablauf der Widerrufsfrist absenden."

Mehr als ein Jahr später widerrief der Käufer den Vertrag mit der Begründung, dass die verwendete Widerrufsbelehrung nicht gesetzeskonform sei.

Das OLG Stuttgart teilte diese Auffassung und bejahte die Möglichkeit, dass der Verbraucher auch noch nach längerer Zeit vom Vertrag Abstand nehmen könne.

Die verwendete Widerrufsbelehrung sei nämlich nicht gesetzeskonform.

Der Unternehmer müsse den Verbraucher klar und unmissverständlich darüber informieren, ob ein Widerrufsrecht bestehe.

Diesen Anforderungen genügte die Belehrung des Autoherstellers jedoch nicht. Denn der Text überlasse es dem Käufer, selbst zu prüfen, ob er überhaupt ein Widerrufsrecht habe.

Eine solche abstrakte Widerrufsbelehrung benachteilige den Verbraucher und hindere den Lauf der Widerrufsfrist.

"Verlangt das Gesetz eine klare Information über das Bestehen des Widerrufsrechts, ist dem Verbraucher mitzuteilen, ob er zum Widerruf berechtigt ist. Die (…) Information ist (…) nicht erteilt, wenn die Belehrung des Unternehmers dem Verbraucher die Prüfung der Voraussetzungen des Widerrufsrechts überlässt und damit offenlässt, ob der Verbraucher zum Widerruf berechtigt ist oder nicht.

Dass der Verbraucher nach der Vorstellung des Gesetzgebers und des Richtliniengebers konkret über seine Berechtigung zum Widerruf zu informieren ist, zeigt die Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite in Anlage 4 zu Art. 247 § 2 EGBG, die insoweit Anhang II der Verbraucherkreditrichtlinie entspricht, wonach der Kreditgeber gemäß Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 13 EGBGB zum Recht des Verbrauchers, den Kreditvertrag innerhalb von 14 Kalendertagen den Kreditvertrag zu widerrufen, entweder „Ja“ oder „Nein“ anzugeben hat, was die Prüfung der Voraussetzungen für das Bestehen des Widerrufsrechts durch den Unternehmer bedingt.

Auch die Muster in Anlage 1 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 2 EGBGB und im Anhang 1 Teil A der Verbraucherrechterichtlinie sehen gerade keine abstrakte Information über die Voraussetzungen eines Widerrufsrechts vor, sondern die konkrete Mitteilung, dass der Verbraucher das Recht hat, den geschlossenen Vertrag zu widerrufen („Sie haben das Recht, ...“)."

Und weiter:

"Es entspricht schließlich dem Zweck des Gesetzes, eine Belehrung, die lediglich die Voraussetzungen des Bestehens eines Widerrufsrechts beschreibt, nicht genügen zu lassen. 

Der vom Gesetz bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis des regelmäßig rechtsunkundigen Verbrauchers eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll durch die Belehrung nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses wirksam auszuüben (… ).

Danach soll die vom Gesetzgeber intendierte Eindeutigkeit und Klarheit der Widerrufsbelehrung den Verbraucher, bei dem keine rechtlichen Kenntnisse vorausgesetzt werden dürfen, gerade vor den Schwierigkeiten schützen, die mit der Prüfung der Rechtslage verbunden sind. Mit dem Zweck, den rechtsunkundigen Verbraucher durch die Belehrung über sein Widerrufsrecht in Kenntnis zu setzen, ist es nicht zu vereinbaren, wenn der Unternehmer die ihm obliegende Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen des Widerrufsrechts auf den Verbraucher verlagert."

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