Kanzlei Dr. Bahr
Navigation
Kategorie: Onlinerecht

LG Darmstadt: Unfairer Online-Werbevergleich eines Anwalts mit Inkasso-Diensten wettbewerbswidrig

Unsachliche Werbeaussagen eines Anwalts auf seiner Homepage zum Vergleich mit Inkassodiensten sind ein wettbewerbswidriger Systemvergleich.

Ein Systemvergleich zwischen einer Anwaltskanzlei und einem Inkasso-Dienst ist nur dann zulässig, wenn er nicht gegen das Sachlichkeitsgebot verstößt (LG Darmstadt, Urt. v. 12.05.2025 - Az.: 18 O 53/24).

Der Beklagte war als Anwalt im Inkassobereich tätig. Auf seiner Homepage äußerte er sich wie folgt:

“Sie zahlen zunächst weder einen Gebühren- noch einen Auslagenvorschuss, auch keinen Mitglieds- oder Vereinsbeitrag, wie dies bei vielen Inkassobüros üblich ist.”

und

“Bei der Beauftragung eines Inkassounternehmens dürfen nach überwiegender Rechtsprechung vom Schuldner keine Inkassokosten verlangt werden. Aus diesem Grund sind Inkassounternehmen für den Gläubiger meist teurer als ein Anwalt. Denn Rechtsanwaltsgebühren dürfen geltend gemacht werden.”

und 

"Ihre Vorteile und Ihr Gewinn beim Anwaltsinkasso: (…)
• Keine überflüssigen Kosten eines Inkassounternehmens, die Sie selbst tragen
• Bei Erfolglosigkeit des Anwaltsinkasso fallen nur die Pauschalgebühr und bare Auslagen an"

Die Klägerin, ein Wirtschaftsverband, dem über 75 Inkassounternehmen angehören, mahnte den Anwalt daraufhin ab, da sie die Aussagen für unzulässig hielt. 

In einem anschließenden einstweiligen Verfügungsverfahren wurden die Unterlassungsansprüche geklärt. In dem vorliegenden Gerichtsverfahren ging es schließlich nur noch um die Frage, ob die Kosten für die außergerichtliche Abmahnung zu erstatten waren.

Das Gericht stellte fest, dass es sich um unerlaubte Werbeaussagen des Anwalts handelte.

Die Darstellung des Anwaltsinkassos im Vergleich zu Inkassounternehmen sei unsachlich und erwecke ein falsches Bild. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass Inkassounternehmen grundsätzlich teurer seien oder deren Kosten überflüssig seien. 

Ebenso irreführend sei die Behauptung, dass bei erfolgreichem Anwaltsinkasso keine Kosten für den Auftraggeber entstünden. 

Die Aussagen des Anwalts stellten somit einen unzulässigen Systemvergleich dar, da sie gegen das Sachlichkeitsgebot verstießen:

"Ein Systemvergleich ist grundsätzlich zulässig. Er ist jedoch dann nach §§ 3, 5 UWG unzulässig, wenn er gegen das Sachlichkeitsgebot verstößt. Ein solcher Verstoß liegt vor, wenn zu den mit jedem Werbevergleich verbundenen (negativen) Wirkungen für die Konkurrenz besondere Umstände hinzutreten, die den Vergleich in unangemessener Weise abfällig, abwertend oder unsachlich erscheinen lassen (…). 

Insbesondere darf durch die Hervorhebung bestimmter Eigenschaften kein falsches Gesamtbild, also ein „schiefes Bild“ entstehen."

Und weiter:

"Zahlreiche Aussagen des Beklagten zum Anwaltsinkasso und zur Beauftragung von Inkassounternehmen stellen sich danach als unzulässig dar.

Der Beklagte führte aus, dass die Beauftragung von Inkassounternehmen meist teurer sei als die Beauftragung eines Anwalts mit Inkassodienstleistungen, weil nach überwiegender Rechtsprechung vom Schuldner keine Inkassokosten verlangt werden dürfen. Hierdurch wird dem Verbraucher ein unzutreffender Eindruck im Hinblick auf die Ersatzfähigkeit von mit der Beauftragung von Inkassounternehmen verbundenen Kosten vermittelt, zumal der Tätigkeit von Inkassodienstleistern im Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (…) ausdrücklich gesetzlich Anerkennung fand (…).

Auch vermittelt die Aussage „Im Erfolgsfall keinerlei Gebühren und Auslagen“ unter der Überschrift „Ihre Vorteile und Ihr Gewinn beim Anwaltsinkasso“ den unzutreffenden Eindruck bei einem Verbraucher, dass dann, wenn nach Einschaltung eines Rechtsanwalts die Forderung, mit deren Geltendmachung der Rechtsanwalt beauftragt war, vom Schuldner bezahlt, keine Kosten auf den Auftraggeber zukommen. Dieser Eindruck ist insofern unzutreffend, als der Auftraggeber des Rechtsanwalts weiter für Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts haftet, wenn der Schuldner diese Kosten nicht zahlt bzw. nicht zahlen kann.

Die Aussage „Keine überflüssigen Kosten eines Inkassounternehmens, die Sie selbst tragen“, vermittelt einem Verbraucher den unzutreffenden Eindruck, dass Kosten eines Inkassounternehmens als solche überflüssig sind und von dem Auftraggeber zu tragen sind."

Rechts-News durch­suchen

10. Juli 2025
Onlinehändler dürfen Kunden nicht mit falschem Widerrufsrecht, irreführenden Countdowns oder manipulativen Zusatzangeboten täuschen.
ganzen Text lesen
09. Juli 2025
Ein Antragsteller handelt rechtsmissbräuchlich, wenn er gerichtliche Anträge stellt, ohne zuvor empfangene Antworten im Spam-Ordner zu prüfen.
ganzen Text lesen
08. Juli 2025
Fehlt in einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung der gesetzlich geforderte Mindestinhalt, muss der Abmahner die Anwaltskosten des Abgemahnten zahlen.
ganzen Text lesen
07. Juli 2025
Adresshändler und Werbende sind nach Auffassung der Berliner Datenschutzbehörde auch ohne direkten Datenzugriff als gemeinsam verantwortlich nach Art.…
ganzen Text lesen

Rechts-News durchsuchen