Ein Schuldner, dem die Benutzung einer bestimmten Marke gerichtlich untersagt wurden, haftet nicht für die Inhalte auf Webseiten Dritter, wenn er sie nicht direkt oder indirekt veranlasst hat (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.10.2020 – Az.: I-20 W 71/19).
Die Schuldnerin, eine Anwaltskanzlei, hatte in der Vergangenheit die eingetragene Marke der klägerischen Advokaten benutzt. Dies war ihr im Anschluss gerichtlich verboten worden.
In der Folgezeit stellte sich heraus, dass bei Eingabe des Begriffs bei Google weiterhin Suchergebnisse auftauchten, u.a. bei GoYellow, Golocal oder Stadtbranchenbuch.com.
Die Beklagte hatte bei keinem dieser Portale einen Werbeauftrag geschaltet. Lediglich im Telefonbuch "Das Örtliche" hatte sie ein Inserat platziert. Dieses Telefonbuch war auch online abrufbar. Hierdurch übernahmen die Webseiten Dritter ungefragt die Inhalte.
Es stellte sich nun die Frage, ob die Schuldnerin für diese Rechtsverstöße haftet.
Das OLG Düsseldorf verneint dies:
"Es kommt mithin allein darauf an, ob „sich aus einem Verhalten der Schuldnerin im Rahmen einer unmittelbaren oder mittelbaren Beziehung zwischen ihr und den – von der Gläubigerin allein noch als Verletzungsfall angesehenen – Webportalen ‚Golocal‘ und ‚Goyellow‘ ergibt, dass diese Betreiber im Auftrag und für Rechnung der Schuldnerin die Einträge online gestellt hatten“ (...) und ob gegebenenfalls die Schuldnerin insoweit ihren Pflichten nicht (hinreichend) nachgekommen sind."
Und weiter:
"Das ist entgegen der Auffassung der Gläubigerin nicht der Fall.
Die Gläubigerin macht geltend, es bestehe eine Partnerschaft zwischen dem Portal „Das Örtliche“ und den Portalen „GoYellow“ und „GoLocal“. Das reicht jedoch nicht aus. Die Gläubigerin macht trotz Bestreitens der Schuldnerin nicht geltend, letztere hätten die Portale „GoYellow“ und „GoLocal“ mitbeauftragt. Aus den – vom Senat informationshalber eingesehenen – AGB „Das Örtliche“ ergibt sich eine automatische Mitbeauftragung jedenfalls nicht.
Es kommt mithin nicht darauf an, ob eine Beendigung des Auftrages mit dem Portal „Das Örtliche“ nach den Grundsätzen, die der Gerichtshof in seinem Urteil vom 3. März 2016 (C-179/15 – Daimler AG/Együd Garage Gépjármüjavító és Értékesítö Kft – ECLI:EU:C:2016:134 – GRUR 2016, 3759 aufgestellt und die er in seinem Urteil vom 02. Juli 2020 (a.a.O.) auch auf die vorliegende Fallgestaltung grundsätzlich für anwendbar erklärt hat, die Anweisung an den Dienstleister zur Beendigung der Eintragung nicht ausreichte (…)."
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Die Entscheidung geht auf ein Urteil des EuGH (Urt. v. 02.07.2020 - Az.: C-684/19) zurück. Der vorliegende Sachverhalt war dem EuGH vorgelegt worden und der hatte geantwortet:
"(...) über die Marken ist dahin auszulegen, dass eine im geschäftlichen Verkehr auftretende Person, die auf einer Website eine Anzeige hat platzieren lassen, durch die eine Marke eines Dritten verletzt wird, das mit dieser Marke identische Zeichen nicht benutzt, wenn Betreiber anderer Websites diese Anzeige übernehmen, indem sie sie auf eigene Initiative und im eigenen Namen auf diesen anderen Websites veröffentlichen."
Diese Ausführungen überträgt das OLG Düsseldorf nun und kommt zu dem Standpunkt, dass keine Rechtsverletzung vorliegt.
Diese neue Argumentation steht im klaren Widerspruch zur bisherigen nationalen Rechtsprechung, wonach den Unterlassungsschuldner umfangreiche Recherche- und Löschungspflichten im Netz treffen. Es wird abzuwarten sein, ob diese Ausführungen auch auf das Wettbewerbsrecht und/oder auf Fälle von strafbewehrten Unterlassungserklärungen übertragbar sind.