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Kategorie: Wettbewerbsrecht

LG Baden-Baden: Unzulässige Abänderung von Verträgen bei Schweigen des Kunden

Schweigt ein Kunde auf ein Angebot zur Vertragserweiterung, darf der Vertragspartner die Vertragsbedingungen nicht einseitig ändern.

Schweigt ein Verbraucher auf das Angebot einer Vertragserweiterung, so kann der andere Vertragspartner nicht einseitig die Vertragsbedingungen abändern (LG Baden-Baden, Urt. v. 27.03.2024 - Az.: 5 O 26/23 KfH).

Der Beklagte, ein Versicherungsvertreter, schrieb seine Kunden an, die eine Versicherung abgeschlossen hatten und bot diesen eine kostenpflichtige Erweiterung an.

Er schrieb u.a.

“Für die deutlichen Mehrleistungen wird jedoch ein jährlicher Mehrbetrag von 35 € brutto  notwendig. Sollten wir innerhalb der nächsten 14 Tage keine anderslautende Rückmeldung  von Ihnen erhalten, werden wir die Umstellung Ihres Vertrages zum 31.12.202 für Sie veranlassen.”

Reagierte ein Kunde nicht auf diese Nachricht, wurde der Kontrakt entsprechend auf die teureren Konditionen umgestellt.

Das LG Baden-Baden stufte dies als wettbewerbswidrig ein. 

1. Schweigen ist keine Willensänderung:

Denn Schweigen sei keine Willenserklärung, so die Richter.

“Das Schweigen eines Verbrauchers ist keine Willenserklärung. In dem Schreiben wird als  Folge des Schweigens eine kostenpflichtige Vertragsumstellung festgelegt. Dies ist unzulässig, weil es eine Irreführung darstellt. Es wird dem Verbraucher gegenüber verschwiegen, dass dessen Schweigen eben keine Willenserklärung ist. Das verstößt gegen §§ 5 lit. a) Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 1; 3 UWG. (…)

Der Beklagte täuscht den Verbraucher über die diesem zustehenden Rechte, was gegen  §§ 5 Abs. 2 Nr. 7; 3 UWG verstößt. Er suggeriert Rechte, nämlich die bestehende Beauftra gung zur Umstellung des Vertrages, die ihm nicht zustehen, was gegen §§ 5 Abs. 2 Nr. 3; 3  UWG verstößt. 

Der Beklagte verschafft sich durch seine unzutreffenden Ausführungen einen  Vorsprung durch Rechtsbruch gegenüber seinen rechtstreuen Mitbewerbern, was gegen §§  3 lit. a); 3 UWG verstößt."

2. Handeln auch nicht durch § 40 VVG legitimiert: 

Das Handeln des Beklagten könne auch nicht durch § 40 VVG gerechtfertigt werden, denn diese Vorschrift greife nur, wenn die Prämie sich ändere, die Leistungen aber komplett gleich blieben:

"§ 40 VVG ändert daran nichts. Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VVG kann der Verbraucher sofort kündigen, wenn der Versicherer aufgrund einer Anpassungsklausel die Prämie erhöht, ohne dass sich der Umfang des Versicherungsschutzes entsprechend ändert.

Gemäß § 40 Abs. 2 WG gilt dies entsprechend, wenn der Versicherer aufgrund einer Anpassungsklausel den Umfang des Versicherungsschutzes vermindert, ohne die Prämie entsprechend herabzusetzen. 

Das ist hier nicht der Fall. Hier soll eine Umstellung des Vertrages erfolgen, wobei für die deutlichen Mehrleistungen ein Mehrbetrag von 35 € geltend gemacht wird."

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