Das Luzerner Obergericht (Urt. v. 14. Juli 2004 - Az.: 11 02 168) hatte darüber zu entscheiden, ob die Übernahme von Internet-Anzeigen durch einen Konkurrenten wettbewerbswidrig ist.
Das schweizerische Wettbewerbsrecht kennt genau wie das deutsche den Fall der unlauteren Leistungsübernahme. Nur dort, wo neben der Inhaltsübernahme auch eine eigene, nicht unerhebliche Leistung erbracht wird, liegt keine Rechtswidrigkeit vor.
Auf eben diesen Umstand hat sich das Obergericht gestützt und die Anzeigen-Übernahme für wettbewerbsgemäß erklärt.
"Nach Darstellung der Beklagten besteht ihr Übernahmeaufwand im Wesentlichen in der Programmierung ihres Such-Spiders. Dessen Funktion bestehe darin, von den klägerischen Internet-Seiten riesige Datenmengen zu sammeln, zu filtern und anschliessend richtig zusammenzufügen. Zudem sei eine stetige Anpassung des Such-Spiders nötig, um dem ständigen, durch Mitarbeiter der Beklagten beobachteten Wandel der Immobilienplattformen gerecht zu werden.
Schliesslich werde das klägerische Arbeitsergebnis durch zusätzliche Informationen bzw. Dienstleistungen "veredelt".
Das Vorgehen der Beklagten entspricht demnach folgendem Verfahren, welches nach Kenntnis des Gerichts üblicherweise zur Übernahme fremder Datenbestände praktiziert wird: Zunächst ist zwecks Durchforstung des Internets ein sogenannter Such-Spider zu installieren. (...)
Die gefundenen Ziel-Web-Seiten werden sodann beim Übernehmer heruntergeladen und gespeichert. Nachdem darin ein Mehr an Informationen enthalten ist, als für den Übernehmer relevant sind, gilt es diese zu filtern. Dies bereitet, insbesondere wenn die kopierte Web-Seite (...) umgestaltet, diese also nicht so übernommen werden soll, wie sie gerade ist, d.h. eine eigene Individualität erhalten soll, einen nicht geringen Aufwand.
So oder anders sind in "Handarbeit" in einem ersten Schritt die interessierenden Stichwörter, wie beispielsweise - um beim hier zu beurteilenden Fall zu bleiben - die Nebenkosten und die dazugehörende Information (Betrag) zu extrahieren. Gestützt auf die entsprechenden Erkenntnisse lässt sich in einem zweiten Schritt dieser Vorgang mittels eines (...) selbst programmierten Skripts automatisieren. Unter Umständen wird der Übernehmer in einem letzten Schritt zusätzliche Informationen wie Vernetzungshinweise hinzufügen."
Eine erhebliche Eigenleistung sieht das Gericht vor allem in der Veredelung der Seiten:
"Auch stellt die Beklagte diesbezüglich nicht nur einen Link auf eine andere Web-Seite zur Verfügung, sondern infor-miert den Benutzer u.a. direkt über die Reisezeiten in die grösseren Städte in der Schweiz bzw. wartet mit einer konkreten Übersicht in Bezug auf die Steuerbelastung auf.
Indes steht (...) nach dem (...) Gesagten fest, dass die Beklagte die streitigen Daten nicht mittels einer allzu billigen Kopierweise tel quel übernimmt. Vielmehr werden die Daten unter Verwendung programmeigener Funktionen herausgelesen und auf-bereitet. Es wurde bzw. wird also ein gewisser, d.h. mehr als minimaler Aufwand betrieben."
Die Richter setzen damit die Voraussetzungen für eine die Wettbewerbswidrigkeit ausschließende eigene Leistungsschöpfung extrem gering an und sind daher kritisch zu hinterfragen. Unklar ist auch, warum die Klägerseit keinerlei urheberrechtlichen Ansprüche geltend machte.
Vor deutschen Gerichten dürfte die Entscheidung aller Voraussicht nach anders ausfallen. So urteilte das LG Köln (Urteil vom 02.12.1998 - Az.: 28 O 431/98), dass die Übernahme einer Anzeigen-Datenbank wettbewerbswidrig ist. Das gleiche entschied das LG Düsseldorf (Urt. v. 23.04.2003 - Az.: 12 O 157/02) für eine E-Mail-Adress-Datenbanken.
Auch auf europäischer Ebene wird gerade vor dem EuGH über die Reichweite des Schutzes von Datenbanken verhandelt, vgl. die Kanzlei-Infos v. 13.06.2004.
Häufig wird in diesem Zusammenhang auch die "Paperboy"-Entscheidung des BGH (Urt. v. 3. September 2003 - Az.: VIII ZR 188/03)zitiert, was jedoch sachlich einen gänzlich anderen Fall betraf. Dort ging es um den Fall der Deep-Link-Setzung und nicht um die Übernahme der vollständigen Daten. Insofern sind die Entscheidungsgründe nur sehr begrenzt hilfreich.