Die Kanzlei-Infos hatten schon am 12.03.2004 darüber berichtet, nun liegt die Entscheidung im Volltext vor.
Der BGH (Urt. v. 11. März 2004 - I ZR 304/01) hat zu dem Problem der Haftung des Online-Auktionshauses Stellung genommen.
Lange Zeit wurde in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung die Frage unterschiedlich beantwortet, wann ein Online-Auktionshaus für die Rechtsverletzungen Dritter haftet.
Das OLG Köln (Urteil vom 02.11.2001 - Az.: 6 U 12/01) war der Ansicht, dass eine Haftung frühestens dann eintrat, wenn das Auktionshaus die Produkte auch nach Kenntniserlangung weiterhin im Angebot stehen ließ. Dieser Ansicht war auch das LG Düsseldorf (Urt. v. 29.10.2002 - Az.: 4 a O 464/01) und das LG Berlin (Urt. v. 25.02.2003 - Az.: 16 O 476/01). Ein Online-Auktionshaus haftet laut OLG Brandenburg (Urt. v. 16.12.2003 - Az.: 6 U 161/02) grundsätzlich auch nicht bei Einstellung von jugendgefährdenden Inhalten, es sei denn, es erlangt Kenntnis von diesen Tatsachen und handelt nicht.
Diese Rechtsprechung ist durch jetzige Grundlagen-Urteil des BGH inzwischen z.T. aufgehoben, z.T. bestätigt worden: Eine Haftungsprivilegierung komme nur hinsichtlich des Anspruches auf Schadensersatz in Frage, hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs greife das TDG nicht. Somit gilt für den Unterlassungsanspruch das allgemeine Zivilrecht.
D.h. eine Störerhaftung kommt dann in Frage, wenn das Online-Auktionshaus die tatsächliche Möglichkeit hatte, die rechtswidrige Handlung zu verhindern. Der BGH weist in o.g. Entscheidung ausdrücklich darauf hin, dass es einem Online-Auktionshaus nicht zuzumuten ist, jedes Angebot, das in einem automatischen Verfahren unmittelbar online gestellt wird, darauf zu überprüfen, ob Schutzrechte Dritter verletzt werden.
Neben dieser Problematik enthalten die Entscheidungsgründe zahlreiche weitere, das Online-Recht betreffende Erläuterungen. So führt der BGH z.B. zum Merkmal des geschäftlichen Verkehrs, was Voraussetzung für eine Marken- oder Wettbewerbsverletzung ist, aus:
"Dabei ist zu berücksichtigen, daß an dieses Merkmal keine hohen Anforderungen zu stellen sind. Auch derjenige, der nur Gegenstände in einer Internetauktion erwirbt, um sie mit Gewinn weiterzuveräußern, handelt im geschäftlichen Verkehr." (S.17)
Und hinsichtlich des Punktes, wann aus einem Privatverkäufer bei eBay ein Unternehmer wird:
"Im übrigen deutet das häufige Auftreten mancher Anbieter als Versteigerer (im Verkäuferprofil – einer Rubrik des Angebots – sind bis zu 59 „Feedbacks“, also Käuferreaktionen nach früheren Auktionen dieses Anbieters zu verzeichnen) auf eine geschäftliche Tätigkeit hin." (S.17)