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OLG Naumburg: Haftung für Vertragsstrafe bei Spam-Mails durch Dritte

Das OLG Naumburg (Urt. v. 24.03.2006 - Az.: 10 U 56/05) hatte zu entscheiden, in welchem Umfang der Schuldner einer strafbewehrten Unterlassungserklärung für die Spam-Mails einer dritten Person auf Zahlung der Vertragsstrafe haftet.

Die Beklagte hatte in der Vergangeheit eine Unterlassungserklärung abgegeben, den Kläger nicht per E-Mail unaufgefordert Werbung zuzusenden. Die Beklagte stellte die E-Mail-Adresse des Klägers einem Dritten zur Verfügung, mit dem sie im geschäftlichen Kontakt (Handelsvertreter) stand. Dieser Dritte schrieb nun den Kläger erneut an.

Dieser sah darin einen Verstoß gegen die Unterlassungserklärung und verlangte die Zahlung der versprochenen Vertragsstrafe.

Zu Recht wie nun das OLG Naumburg entschied:

"An denjenigen, der sich wettbewerbsrechtlich strafbewehrt zur Unterlassung verpflichtet hat, sind strenge Sorgfaltsanforderungen zu stellen (...). Der Schuldner muss nicht nur alles unterlassen, was zu einer Verletzung führen kann, sondern auch alles Mögliche und Zumutbare unternehmen, um künftige Verletzungen in seinem Geschäftsbetrieb zu unterbinden. Dabei muss der Schuldner seinen Betrieb so organisieren, dass es nicht zu weiteren Verstößen kommt (...).

Es ist von ihm zu erwarten, dass er ggf. auch auf Dritte einwirkt, die er zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit in seinem Geschäftsbereich eingebunden hat. Dabei gehört es zur Unterbindung von weiteren Verstößen durch Mitarbeiter und Beauftragte, sie über die übernommene Unterlassungsverpflichtung und die Folgen eines Verstoßes zu belehren und entsprechende Anordnungen zu treffen, deren Einhaltung genau zu überwachen ist (...). Die Belehrung hat grundsätzlich schriftlich zu erfolgen und muss auf die Nachteile aus einem Verstoß hinweisen (...)."


Auf den konkreten Fall übertragen urteilen die Juristen:

"Da die Beklagte (..) mit der Überlassung der Internetadresse an ihre Handelsvertreter insoweit ein Gefahrenpotential geschaffen hatte, als die Internetadressen für die Versendung sog. Spammails zu Werbezwecken missbraucht werden könnten, hatte sie - gerade auch mit Rücksicht auf die von ihr übernommene Unterlassungsverpflichtung - in ihrer betrieblichen Sphäre die notwendigen und geeigneten Vorkehrungen zu treffen, um eine derartige Fehlnutzung zu verhindern.

Dabei hätte sie auch mit erfahrungsgemäß vorkommenden, einzelnen Unzulänglichkeiten ihrer Erfüllungsgehilfen als Auslöser für Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot rechnen müssen. Um die Einhaltung der Unterlassungsverpflichtung in ihrem Geschäftsbereich gewährleisten zu können, wäre insbesondere eine umfassende Aufklärung der Adresseninhaber über das Unterlassungsgebot geboten gewesen."


Da die Beklagte einer solchen Pflicht nicht nachgekommen sei, treffe sie ein sog. Organisationsverschulden, so dass sie gegen die Unterlassungserklärung verstoßen habe.

Das Urteil liegt auf der bisherigen Linie der Rechtsprechung, vgl. z.B. die insoweit inhaltsgleiche Entscheidung des OLG Schlewsig (Beschl. v. 18.02.2005 - Az.: 6 W 7/05), und ist nicht zuletzt für den Affiliate-Bereich von Relevanz.

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