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OLG Oldenburg: Haftung für Vertriebspartner bei gerichtlicher Unterlassungsverpflichtung

Das OLG Oldenburg (Beschl. v. 15.09.2006 - 1 W 50/06) hatte zu entscheiden, wann die Schuldnerin einer gerichtlichen Unterlassungsverpflichtung für die Handlungen seiner Vertriebspartner haftet.

Der Schuldnerin wurde gerichtlich verboten, selbst oder durch Dritte Werbeplakate für Waren, Dienstleistungen oder Veranstaltungen unbefugt auf solchen Flächen zu befestigen, aufzustellen oder aufzuhängen, für die ein Werbenutzungsrecht nicht besteht.

Wenig später wurde erneut mit "wilden Plakaten" für den Auftritt eines amerikanischen Künstlers geworben, der in Räumlichkeiten der Schuldnerin stattfinden sollte.

Die Gläubigerin sah hierin eine Verletzung der Unterlassungsverpflichtung und beantragte ein Ordnungsmittel. Die Schuldnerin wandte, dass sie selbst die Plakatierung nicht vorgenommen habe. Vielmehr sei es Aufgabe einer unabhängigen dritten Firma gewesen, die Plakatierung durchzuführen. In einem Gespräch mit dieser Firma sei zudem ausdrücklich auf die Problematik des Wildplakatierens und das Vorhandensein des Unterlassungstitels hingewiesen worden.

Die OLG-Richter haben die Schuldnerin zu einer Ordnungsstrafe von 5.000,- EUR verurteilt:

"Wenn es sich hier (...) um ein Gemeinschaftsprojekt handelte, auf dessen Durchführung die Schuldnerin einen erheblichen, partnerschaftlichen Einfluss hatte, korrespondierte damit auch eine entsprechende Verantwortung.

Verpflichtungen, die die Schuldnerin hinsichtlich der Durchführung solcher Veranstaltungen und der Werbung hierfür übernommen hatte, galten dann auch für das von der Schuldnerin und ihrem Partner vereinbarte gemeinsame Veranstaltungsprojekt (...). Dies betraf insbesondere auch die titulierte Unterlassungsverpflichtung hinsichtlich des unbefugten Plakatierens, zumal die Tenorierung in dem hier maßgeblichen Anerkenntnisurteil auch ausdrücklich die unbefugte Plakatierung durch beauftragte Dritte einschloss."


Und weiter:

"Für die Verhängung eines Ordnungsgeldes ist zwar (...) nach heute allseitiger Auffassung ein Verschulden des Schuldners erforderlich (...). Ein Fehlverhalten von Hilfspersonen oder sonstigen Dritten ist dabei dem Schuldner nicht zuzurechnen.

Es kommt vielmehr auf ein eigenes, zumindest fahrlässiges Fehlverhalten des Schuldners an. Bei einer juristischen Person - wie hier - ist dabei auf entsprechendes schuldhaftes Fehlverhalten der Organe abzustellen. Allerdings sind nach der Rechtsprechung strenge Anforderungen an die vom Schuldner zu verlangenden Vorkehrungen und die dabei anzuwendende Sorgfalt zu stellen; insbesondere geht es dabei darum, den Schuldner möglichst effektiv daran zu hindern, über Schlupflöcher, insbesondere durch Einschaltung dritter Personen, das Unterlassungsverbot zu unterlaufen (...).

Wenn der Schuldner Maßnahmen veranlasst, die in den Anwendungsbereich der Unterlassungsverpflichtung fallen und bei Vorliegen oder Fehlen bestimmter Umstände einen Verstoß begründen können, und er dazu dritte Personen einschaltet, hat er jedenfalls alle nach den Umständen möglichen, erforderlich erscheinenden und ihm zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um eine Verletzung der Unterlassungsverpflichtung sicher auszuschließen (...). Dazu gehört, dass er die eingeschalteten Personen entsprechend informiert, konkrete, klare Weisungen mit nachhaltigen Sanktionsandrohung an eingeschaltete Personen erteilt und effektive Überwachungsmaßnahmen ergreift.

Bei selbständigen Dritten, die aufgrund eines mit dem Schuldner geschlossenen Vertrags tätig werden, ist ggf. auch durch mögliche und zumutbare Vertragsregelung eine Verletzung der titulierten Unterlassungsverpflichtung zu unterbinden.

Diese Pflichten und Sorgfaltsanforderungen hat die Schuldnerin bzw. haben ihre Organe nicht hinreichend erfüllt."

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