Die Nutzung von Google Analytics ohne den Zusatz "anonymizeIP" verstößt gegen geltendes Datenschutzrecht, sodass ein einzelner, betroffener Verbraucher einen Unterlassungsanspruch geltend machen kann, wenn seine Daten unerlaubt gespeichert werden (LG Dresden, Urt. v. 11.01.2019 - Az.: 1a O 1582/18).
Der Kläger war Verbraucher und hatte das gewerbliche Internetportal der Klägerin aufgesucht. Auf der Webseite war Google Analytics installiert, ohne den Zusatz "anonymizeIP", sodass die IP-Adresse des Klägers an Google weitergeleitet wurde.
Der Kläger verlangte nun Unterlassung und Auskunft. Die Beklagte wandte ein, dass der Kläger speziell ein von ihm entwickeltes IP-Tool einsetze, um massenhaft fehlende Hinweise auf eine Anonymisierung von IP-Adressen im Rahmen von Google Analytics zu ermitteln. Dies sei rechtsmissbräuchlich. Außerdem hätte der Kläger selbst Maßnahmen ergreifen können, damit seine IP-Adresse nicht übermittelt werde, zum Beispiel eine entsprechende Einstellung in seinem Browser vornehmen.
Das LG Dresden gab dem Kläger Recht.
Der Betrieb von Google Analytics ohne die Erweiterung "anonymizeIP" sei datenschutzwidrig und verletze den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
Der Anspruch sei auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Kläger bewusst nach derartigen Rechtsverstößen suche. Denn der Kläger habe außergerichtlich die Beklagte selbst angeschrieben und zur Unterlassung aufgefordert. Er habe somit gerade keinen Kostenersatz verlangt. Hätte die Beklagte die außergerichtlich verlangte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, so hätte sie sämtliche Kosten vermeiden können.
Auch könne dahinstehen, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen der Beklagten möglich und zumutbar sein. Denn es sei nicht die Aufgabe des Klägers, seine eigenen Daten zu schützen. Vielmehr sei die Beklagte verpflichtet, nur solche Daten zu verarbeiten und an Dritte weiterzuleiten, bei denen auch eine Rechtsgrundlage bestünde.
Da eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorliege, habe der Kläger als Verbraucher einen Unterlassungsanspruch. Zudem stünde ihm auch eine entsprechende Auskunft zu.
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Inhaltlich betrifft die Entscheidung des LG Dresden nicht wirklich etwas Neues. Vielmehr handelt es sich thematisch um einen alten Hut. Bereits 2017 hatte die Hamburger Datenschutzbehörde klargestellt, dass der Einsatz von Google Analytics zwingend die Anonymisierungsfunktion "anonymizeIP" voraussetzt. Somit verstieß die Beklagte sowohl gegen altes BDSG als auch gegen die neue DSGVO.
Neu ist einzig, dass nunmehr die Gerichte auch Verbrauchern einen Unterlassungsanspruch bei einer unerlaubten IP-Speicherung bzw. IP-Weiterleitung im Rahmen von Google Analytics zusprechen. Außergerichtlich kann ein Verbraucher sich somit einen Anwalt nehmen, sodass für das betroffene Unternehmen Abmahnkosten in Höhe von knapp 600,- EUR entstehen.
Inhaltlich ist die Entscheidung – man kann es nicht anders sagen – grob rechtswidrig begründet. Das Landgericht erörtert fast durchgehend die Rechtslage nach altem Recht und nennt dabei auch die längst außer Kraft getretenen BDSG a.F.-Regelungen. Dies tut es vermutlich deswegen, weil der Sachverhalt im März 2018 spielte, also vor Inkrafttreten der DSGVO. Da der Kläger im vorliegenden Fall jedoch ein Unterlassungsanspruch geltend macht, der in die Zukunft gerichtet ist, hätte das Gericht die Rechtslage jedoch auf Basis der neuen DSGVO-Vorschriften prüfen müssen. Im Ergebnis macht dies im vorliegenden Fall aber keinen Unterschied, weil sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage eine Datenschutzverletzung vorliegt.
Spätestens mit dieser Entscheidung sollte jeder Webseitenbetreiber, wenn er nicht bereits längst durch die DSGVO im Mai letzten Jahres aufgerüttelt wurde, aufgeweckt und zur Anpassung seiner Webseite motiviert worden sein.
Zur umstrittenen Frage, ob nach Inkrafttreten der DSGVO der Einsatz von Google Analytics, mit Zusatz "anonymizeIP", noch erlaubt ist, sagt die Entscheidung des LG Dresden nichts aus.