Die Verhängung eines Ordnungsgeldes (hier: wegen verbotener Online-Glücksspiel-Werbung) setzt nicht voraus, dass die Verletzung noch im Moment des Gerichtsverfahrens andauern muss (KG Berlin, Beschl. v. 02.01.2024 - Az.: 5 W 140/23).
Der Beklagten war in der Vergangenheit gerichtlich untersagt worden, für ausländische Online-Glücksspiele zu werben.
Als die Beklagte gegen dieses Verbot verstieß, beantragte die Gläubigerin die Verhängung eines Ordnungsgeldes.
Die Beklagte wandte ein, sie habe den Verstoß zwischenzeitlich eingestellt, sodass der Antrag unzulässig sei.
Das KG Berlin erließ ein Ordnungsgeld iHv. 50.000,- EUR.
Erforderlich sei nicht, dass der Verstoß während des gerichtlichen Verfahrens noch andauere. Maßgeblich sei alleine, dass es in der Vergangenheit zu einer solchen Handlung gekommen sei:
"Das Abstellen der zu unterlassenden Handlung, also das Absehen von weiteren Verstößen, macht den vorher eingetretenen Verstoß nicht ungeschehen.
Bereits nach dem Wortlaut des § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO erfordert die Verhängung eines Ordnungsmittels allein, dass der Schuldner (wie in die Vorschrift hineinzulesen ist: schuldhaft) der ihm auferlegten Verpflichtung, eine Handlung zu unterlassen, zuwiderhandelt. Die Verhängung eines Ordnungsmittels nach § 890 ZPO setzt aber schon nach dem Wortlaut dieser Norm nicht voraus, dass die schuldhafte Zuwiderhandlung noch im Zeitpunkt der Beantragung eines Ordnungsmittels durch den Gläubiger (oder gar im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Ordnungsmittelantrag) vorliegt.
Dies erscheint auch unter dem Gesichtspunkt der Sinnhaftigkeit der Vorschrift richtig. Für titulierte Unterlassungspflichten, gegen welche überhaupt nur einmal oder nur innerhalb einer bestimmten Frist verstoßen werden kann, ist dies ohne Weiteres einzusehen (…). Wollte man es anders sehen, könnte der nur einmal mögliche Verstoß oder könnte der nur innerhalb einer bestimmten Frist mögliche Verstoß (nach Ablauf der Frist) nicht sanktioniert werden.
Ein erfolgter derartiger Verstoß bliebe folgenlos; § 890 ZPO wäre sinnentleert und liefe leer."
Und weiter:
"Ausgehend hiervon ist aber nicht zu ersehen, weshalb dann, wenn gegen eine Unterlassungspflicht mehrfach oder dauerhaft verstoßen werden kann, ein Ordnungsmittel dann nicht mehr beantragt und verhängt werden können sollte, wenn (zwar nach Ausspruch der Unterlassungspflicht im Erkenntnisverfahren, aber) im Zeitpunkt der Abfassung oder Anhängigmachung des Ordnungsmittelantrags der Verstoß nicht (mehr) vorliegt.
Andernfalls bliebe ein bei einem Verstoß gegen eine ihm gerichtlich auferlegte Unterlassungspflicht ertappter Unterlassungsschuldner durch nunmehriges Abstellen der zum Verstoß führenden Handlung, also durch ein bloßes Absehen von weiteren Verstößen, für die Vergangenheit sanktionslos. Auch dies würde zu einer starken Entwertung von § 890 ZPO führen.
Eine im Erkenntnisverfahren für die Auferlegung einer Unterlassungspflicht (außerhalb der Fälle der Erstbegehungsgefahr) erforderliche Wiederholungsgefahr ist für die Verhängung von Ordnungsmitteln im Zwangsvollstreckungsverfahren damit gerade nicht erforderlich."