Eine Abmahnfrist von wenigen Stunden reichen auch bei einer unerlaubter Online-Veröffentlichung von Bildern nicht aus. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei dem Veröffentlichenden um einen großen Presseverlag handelt (KG Berlin, Beschl. v. 18.07.2023 - Az.: 10 W 79/23).
Der Antragsteller mahnte die Antragsgegnerin, einen großen Presseverlag, wegen zwei Fotos ab, die gegen den Willen und ohne Kenntnis online veröffentlicht wurden.
Der Anwalt des Antragstellers übersandte daraufhin am 8. August 2022 um 12:53 Uhr eine Abmahnung und setzte eine Frist bis 18:00 Uhr desselben Tages Eine Fristverlängerung bis zum nächsten Tag wurde für den Fall in Aussicht gestellt, dass die beanstandeten Inhalte noch am 8. August 2022 entfernt würden.
Die Antragsgegnerin teilte noch am gleichen Tag mit, dass "aufgrund ferienbedingter Abwesenheiten sowohl in der Redaktion als auch in der Rechtsabteilung" eine Klärung am gleichen Tag nicht möglich und versprach, sich am nächsten Tag zu melden. Am nächsten Tag gab sie dann eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab.
Der Antragsteller hatte bereits am 8. August 2023 abends eine einstweilige Verfügung bei Gericht beantragt. Nach Abgabe der Unterlassungserklärung ging es dann nur noch um die Kosten des gerichtlichen Rechtsstreits.
Das KG Berlin entschied, dass die gesetzte Frist zu kurz gewesen sei, sodass der Antragsteller die angefallenen Entgelte zu tragen habe.
Es gebe keinen Grundsatz, dass gerade bei Online-Berichten automatisch eine kürzere Frist angemessen sei. Vielmehr würden auch für das World Wide Web die allgemeinen Grundsätze aus dem Offline-Bereich gelten:
"Richtig ist allerdings, wie ausgeführt, dass bei einem besonders schweren Verstoß (...) und/oder bei einer besonderen Eilbedürftigkeit ausnahmsweise etwas anders gelten kann. Der Senat kann einen solchen besonders schweren Verstoß im Fall aber nicht erkennen. (...)
Für die Veröffentlichung bei „…- also eine Online-Berichterstattung – gilt indes nichts anderes.
Die Verfügungskläger machen eine besondere Schwere der Verletzung durch die abgebildete Situation im Übrigen auch nicht näher geltend und führen zu einer besonderen Eingriffstiefe weder im Einzelnen aus noch machen sie diese glaubhaft.
Die Überlegung, eine Online-Veröffentlichung sei stets gefährlicher als eine Print-Veröffentlichung, kann im Einzelfall zwar zutreffend sein. Im Fall mangelt es aber schon an jedem Vortrag, welchen Zugriff es auf die Veröffentlichungen konkret gab.
So ist es durchaus möglich, dass die Online-Veröffentlichungen eine viel geringere Breitenwirkung als die Print-Veröffentlichung hatten. Jedenfalls aber gibt es keinen Grundsatz, dass bei Veröffentlichungen, die im Internet verbreitet werden, grundsätzlich Fristen gelten müssten, die sich nur auf wenige Stunden beliefen. Beispielsweise der Medien-Anwalt H., in: H./M., Presserecht, 1. Auflage 2022, § 20 Randnummer 74, meint, es sei eine Frist von wenigen Tagen angemessen, wenn es um Veröffentlichungen geht, die im Internet verbreitet werden. Die Verfügungskläger zeigen nicht auf, dass in der Rechtsprechung etwas anderes angenommen wird."
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Tatsache, dass es sich bei dem Antragsgegner um einen großen Presseverlag handle:
"Allerdings ist nicht zu verkennen, dass die Verfügungsbeklagte ein großes Presseunternehmen ist.
Es ist in der Untersuchung der angesprochenen Fragen erfahren und verfügt sogar über eine eigene Rechtsabteilung.
Auch in einem solchen Falle ist es aber grundsätzlich richtig, in der Regel wenigstens eine Prüfungsfrist von noch einigen Tagen einzuräumen. Im Fall kommt als Besonderheit hinzu, dass die Verfügungsbeklagte mitgeteilt hatte, sich bis zum 9. August 2022 zu melden und damit die Stellungnahmefrist selbst auf längstens, gerechnet von einer Geschäftszeit bis 18:00 Uhr, auf 29 Stunden verkürzt hatte.
Die Verfügungskläger konnten daher erkennen, dass sie nur einen weiteren Tag vor der Einleitung eines Rechtsstreits warten mussten."