Aus anwaltlichen Schreiben darf auch gegen den Willen des Betroffenen grundsätzlich zitiert werden (BGH, Urt. v. 26.11.2019 - Az.: VI ZR 12/19).
Der Kläger, ein Medienanwalt, hatte im Rahmen der Vertretung eines bekannten Mandanten gegenüber dem Spiegel einen Schriftsatz gefertigt. Der Spiegel zitierte nun unter Nennung des anwaltlichen Namens im Rahmen seiner Berichterstattung aus diesem Schreiben und wurde von dem Advokaten auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Der BGH stellte fest, dass das Zitat gerechtfertigt sei.
Es gebe einen sachlichen Grund, nämlich die kritische Berichterstattung über die Entscheidungen bestimmter Gerichte in Pressesachen. Dem Kläger wurden weder Äußerungen untergeschoben noch wurde der Inhalt verfälscht.
Auch die anwaltliche Namensnennung sei nicht zu beanstanden. Denn das Recht auf informationelle Selbstbestimmung greife hier gar nicht:
"Das informationelle Selbstbestimmungsrecht enthält damit keinen gesamthaften Schutzanspruch hinsichtlich jederlei Umgangs mit Informationen, der die übrigen Schutzdimensionen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts allgemein übergreifen und zusammenführen würde, sondern lässt deren Wertungen und Abwägungsregeln unberührt. Es bildet nicht eine gesamthaft übergreifende Schutzgarantie, sondern hat einen von diesen abzugrenzenden eigenen Gehalt (BVerfG, Beschluss vom 6. November 2019 - 1 BvR 16/13 Rn. 83, 89 ff. mwN).
Ausgehend von dieser Neubestimmung ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung primär als Gewährleistung zu verstehen, die - neben der ungewollten Preisgabe von Daten auch im Rahmen privater Rechtsbeziehungen (vgl. BVerfGE 84, 192, 194) - insbesondere vor deren intransparenter Verarbeitung und Nutzung durch Private schützt.
Es bietet Schutz davor, dass Dritte sich individueller Daten bemächtigen, und sie in nicht nachvollziehbarer Weise als Instrument nutzen, um die Betroffenen auf Eigenschaften, Typen oder Profile festzulegen, auf die sie keinen Einfluss haben und die dabei aber für die freie Entfaltung der Persönlichkeit sowie eine gleichberechtigte Teilhabe in der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sind (BVerfG, Beschluss vom 6. November 2019 - 1 BvR 16/13 Rn. 90)."
Und weiter:
"Davon zu unterscheiden ist der Schutz vor der Verarbeitung personenbezogener Berichte und Informationen als Ergebnis eines Kommunikationsprozesses. Der Schutzbedarf gründet hier nicht in der intransparenten Zuweisung von Persönlichkeitsmerkmalen und -profilen durch Dritte, sondern in der sichtbaren Verbreitung bestimmter Informationen im öffentlichen Raum. Gefährdungen für die Persönlichkeitsentfaltung ergeben sich hier vornehmlich aus Form und Inhalt der Veröffentlichung selbst. Schutz gegenüber solchen Gefährdungen bieten die äußerungsrechtlichen Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unabhängig von dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung (BVerfG, Beschluss vom 6. November 2019 - 1 BvR 16/13 Rn. 91).
(...) In Anwendung dieser Grundsätze ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Klägers hier nicht betroffen. Der Kläger wendet sich nicht gegen eine Pflicht zur Preisgabe von Daten oder gegen eine intransparente Nutzung seiner Daten, sondern gegen einen Bericht über ihn, der der Information der Öffentlichkeit dient und ihm selbst ohne weiteres zugänglich ist. Er macht geltend, dass dieser Bericht ihn in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Damit geht es hier um die Verbreitung von Äußerungen im Rahmen gesellschaftlicher Kommunikation."