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Kategorie: Onlinerecht

BVerfG: Journalisten machen sich nicht strafbar, wenn sie "geleakte" Daten entgegennehmen

Journalisten machen sich nicht strafbar, wenn sie "geleakte" Daten entgegennehmen (BVerfG, Beschl. v. 30.03.2022 - Az.: 1 BvR 2821/16).

Hintergrund der Entscheidung des BVerfG war eine im Jahr 2015 eingeführte Strafrechtsnorm, wonach sich Personen strafbar machen können, wenn sie Informationen annehmen, die nicht allgemein zugänglich sind und die ein Dritter durch eine Straftat erlangt hat.

Die Norm lautet:

"§ 202d StGB: Datenhehlerei:
(1) Wer Daten (§ 202a Absatz 2), die nicht allgemein zugänglich sind und die ein anderer durch eine rechtswidrige Tat erlangt hat, sich oder einem anderen verschafft, einem anderen überlässt, verbreitet oder sonst zugänglich macht, um sich oder einen Dritten zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."
(...)

(3) Absatz 1 gilt nicht für Handlungen, die ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher Pflichten dienen. Dazu gehören insbesondere
1. solche Handlungen von Amtsträgern oder deren Beauftragten, mit denen Daten ausschließlich der Verwertung in einem Besteuerungsverfahren, einem Strafverfahren oder einem Ordnungswidrigkeitenverfahren zugeführt werden sollen, sowie
2. solche beruflichen Handlungen der in § 53 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 der Strafprozessordnung genannten Personen, mit denen Daten entgegengenommen, ausgewertet oder veröffentlicht werden.

Nun ging es bei der Verfassungsbeschwerde darum, ob die Regelung auch dann zur Anwendung kommt, wenn Journalisten "geleakte" Daten entgegennehmen und auswerten. Die Beschwerdeführer sahen durch die Strafrechtsnorm ihre journalistische Tätigkeit gefährdet.

Das BVerfG nahm die Verfassungsbeschwerde - formal gesehen - zwar nicht zur Entscheidung an, hat aber wichtige Ausführungen zur Auslegung der Norm getroffen.

"Regelmäßig dürfte es bereits an der rechtswidrigen Tat eines anderen (...) fehlen, durch die die Daten erlangt wurden. Handelt es sich bei dem Informanten um einen an sich berechtigten Mitarbeiter des Betroffenen, der auf die übermittelten Daten zugreifen kann, kann sich der Mitarbeiter und Informant durch die Weitergabe der Daten strafbar gemacht haben. Er hätte die Daten aber nicht durch eine rechtswidrige Tat erlangt, da er schon zuvor auf sie zugreifen konnte."

Und weiter:

"Selbst bei unterstellter Verwirklichung des objektiven Tatbestandes bestehen (...) erhebliche Zweifel daran, dass der subjektive Tatbestand der Datenhehlerei erfüllt sein könnte. Zunächst ist fraglich, ob sich aus den Ausführungen der Beschwerdeführer zu den von ihnen gebildeten Beispielfällen überhaupt ein bedingter Vorsatz des Handelnden im Hinblick auf die rechtswidrige Vortat ergibt. Der Gesetzesbegründung nach reicht das Bewusstsein, dass die Daten aus irgendeiner rechtswidrigen Tat stammen, nicht aus (BT-Drucks 18/5088, S. 47).

Dass ein Journalist eine rechtswidrige Beschaffung der Daten aufgrund ihrer Sensibilität nicht ausschließen kann, genügt gerade nicht.

Weiter fehlt es an hinreichendem Vortrag, der eine Bereicherungs- oder Schädigungsabsicht des Journalisten erkennen ließe. Die (Dritt-)Bereicherung und die Schädigung setzen gemäß der Gesetzesbegründung ausdrücklich Absicht voraus (...). Die Schädigung beziehungsweise der Vorteil müssen vom Täter als Erfolg gewollt werden, es muss ihm gerade darauf ankommen. Steht die Aufklärung von Missständen im Vordergrund, richtet sich die Absicht des Täters hierauf, nicht aber auf die Schädigung."

Und:

"Die von den Beschwerdeführern monierte abschreckende und eingriffsäquivalente Wirkung der angegriffenen Normen, die eine „Aura des vielleicht Strafbaren“ umgebe, lässt sich nach dem Obenstehenden nicht nachvollziehen.

Ein hinreichendes Risiko, dass sich Journalisten nach § 202d StGB strafbar ma­chen, besteht nicht. Dementsprechend ist ebensowenig mit vorgelagerten Ermitt­lungsmaßnahmen zu rechnen. Dies deckt sich mit der vom Bundesministerium der Justiz im Rahmen der Beantwortung des Fragenkatalogs (...) durchgeführten Abfrage in den Landesjustizverwaltungen, wo­nach seit 2018 keine Verfahren nach § 202d StGB Journalisten betreffend bekannt sind."

 

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