Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden hat durch Beschluss vom 05.06.2020 (Aktenzeichen 2 L 2032/19.WI) dem Eilantrag eines Journalisten stattgegeben, der von dem Landesamt für Verfassungsschutz eine Auskunft darüber haben wollte, wie oft und gegebenenfalls mit welchem Inhalt der damalige Innenminister Bouffier in der Sache Temme interveniert hat.
Andreas Temme war zum Zeitpunkt des NSU-Mordes an Halit Yozgat Mitarbeiter bei dem Landesamt für Verfassungsschutz.
Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden gab dem Eilantrag statt und verpflichtete das Landesamt für Verfassungsschutz im Wege der einstweiligen Anordnung dazu, dem Antragsteller die von ihm gestellten Fragen zu beantworten. Diese knüpften an aktuelle Vorgänge an und seien bereits Gegenstand öffentlicher Berichterstattung in den Medien. Anspruchsgrundlage sei § 3 Abs. 1 Satz 1 HPresseG, wonach Behörden verpflichtet sind, der Presse die gewünschten Auskünfte zu erteilen.
Der Antragsteller habe als Journalist einen Anspruch auf Information darüber, wie oft der damalige Innenminister Bouffier im Fall Temme interveniert habe. Die Kammer verwies zur Begründung unter anderem auf den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20.11.2019 – 8 B 1938/19, dem ein ähnlich gelagerter Fall zugrunde lag.
Nach dessen Auffassung handele es sich bei der Verwendung der Formulierung „interveniert“ um eine einfach zu beantwortende konkrete Frage, die vom Auskunftsanspruch nach § 3 Abs. 1 Satz 1 HPresseG gedeckt sei und die vom Landesamt keine Wertung verlange. Die gestellte Frage ließe sich schlagwortartig beantworten, je nachdem, ob der damalige Innenminister nachgefragt oder bestimmte Vorgehensweisen kritisiert oder auch angemahnt habe.
Anhaltspunkte für eine begründete Verweigerung der Beantwortung dieser Frage seien weder ersichtlich noch substantiiert vorgetragen.
Gegen den Beschluss kann der Antragsgegner binnen zwei Wochen Beschwerde erheben, über die der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel zu entscheiden hätte.
Quelle: Pressemitteilung des VG Wiesbaden v. 09.06.2020
§ 3 HPresseG
(1) Die Behörden sind verpflichtet, der Presse die gewünschten Auskünfte zu erteilen. Sie können eine Auskunft nur verweigern,
1. soweit durch sie die sachgemäße Durchführung eines straf- oder dienststrafgerichtlichen Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte,
2. soweit Auskünfte über persönliche Angelegenheiten einzelner verlangt werden, an deren öffentlicher Bekanntgabe kein berechtigtes Interesse besteht, und
3. soweit Maßnahmen, die im öffentlichen Interesse liegen, durch ihre vorzeitige öffentliche Erörterung vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnten.
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