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LG Münster: Veröffentlichung v. Fotos + Schmerzensgeld

Das LG Münster (Urt. v. 24.03.2004 - Az.: 10 O 626/03) hatte darüber zu urteilen, unter welchen Umständen die Veröffentlichung von Fotos, auf denen Tatzeugen abgebildet sind, gegen geltendes Recht verstößt.

Die Klägerin verlangte u.a. Schmerzensgeld wegen eines Berichts in der Zeitung der Beklagten. In der Überschrift des Artikels hieß es:

“Sabine (28) wollte sich von ihrem Mann trennen. Da rastete er in der Neujahrsnacht aus.“

In Großlettern heißt es darunter:

“Er schnitt ihrem Sohn die Kehle durch.“

Ein Teil des Berichtes besteht aus einer Zeichnung von dem geschiedenen Ehemann der Klägerin und seines Verteidigers. Rechts davon befindet sich ein großformatiges Foto der Klägerin, das sich von seinen Ausmaßen durch den gesamten Artikel zieht.

Das LG Münster hat der Klägerin ein Schmerzensgeld iHv. 5.000,- EUR zuerkannt (§§ 823 Abs.1 BGB iVm. § 22 KunstUrhG).

Nach § 22 KunstUrhG dürfen Bildnisse grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.

Eine Ausnahme hiervon bildet der Fall des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG, wonach Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte grundsätzlich ohne Einwilligung erfolgen dürfen.

Die Rechtsprechung unterscheidet hier zwischen relativen und absoluten Personen der Zeitgeschichte. Absolute Personen der Zeitgeschichte sind Menschen, die kraft politischer oder gesellschaftlicher Position oder kraft außergewöhnlicher persönlicher Leistung aus der Masse der Mitmenschen herausragen und deswegen im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen. Das Gegenteil hierzu sind die sog. relativen Personen der Zeitgeschichte. Hierzu gehören Personen, die erst aufgrund ihrer Verknüpfung mit einem Ereignis der Zeitgeschichte oder aufgrund ihrer Beziehungen zu einer Persönlichkeit des öffentlichen Lebens in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten.

Im vorliegenden Fall konnte die Klägerin somit allenfalls als relative Person der Zeitgeschichte eingestuft werden können:

"Es kann hier dahinstehen, ob die Klägerin eine relative Person der Zeitgeschichte (...) ist.

Angehörige von Verbrechensopfern können eine relative Person der Zeitgeschichte darstellen, wenn sie zugleich auch Tatzeuge sind (...). Aber selbst bei sogenannten relativen Personen der Zeitgeschichte dürfen deren Bildnisse nicht schrankenlos ohne jede Einwilligung verbreitet werden. Nach § 23 Abs. 2 KunstUrhG ist eine Veröffentlichung unzulässig, wenn das berechtigte Interesse des Abgebildeten entgegensteht.

Die Anwendung dieser von der Rechtssprechung entwickelten Grundsätze ergibt, dass die Veröffentlichung des Fotos der Klägerin (...) ohne ihre Einwilligung unzulässig war und gegen ihr Persönlichkeitsrecht verstoßen hat."


Die Richter haben die Beklagte daher zur Zahlung von 5.000,- EUR Schmerzengsgeld verurteilt.

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