Ein Online-Portal kann sich auch dann auf das urheberrechtliche Zitatrecht berufen, wenn das eigentliche Werk nicht in schriftlicher Form vorliegt, sondern lediglich in freier Rede durch einen Dozenten gehalten wurde (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 18.04.2019 - Az.: 11 U 107/18).
Der Kläger war Schriftsteller und gab an einer Universität eine Gastvorlesung für die allgemeine Öffentlichkeit. Seinen Vortrag hielt er frei, es existierte kein schriftliches Dokument, das die Zuhörer bekommen konnten.
Die Beklagte betrieb ein Online-Portal und berichtete über die Vorlesung. U.a. veröffentlichte die Webseite neun umfangreiche Zitate des Klägers.
Der Literat sah sich in seinen Urheberrechten verletzt und klagte. Er vertrat den Standpunkt, dass das Zitatrecht als Ausnahme nicht greife, da sein Werk nicht schriftlich fixiert, sondern vielmehr nur mündlich vorgetragen worden sei.
Das OLG Frankfurt a.M. wies den klägerischen Anspruch ab.
Das Gesetz verlange für die Anwendung des Zitatrechts nicht, dass das Werk in Schriftform verkörpert worden sei. Voraussetzung sei vielmehr lediglich, dass das zitierte Werk bereits der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sei. Dies sei hier zu bejahen, da die Gastvorlegung für die Allgemeinheit zugänglich war.
Auch der Umfang der Zitate sei angemessen, da die Passagen in einem angemessenen und zweckmäßigen Zusammenhang zum restlichen Text stünden. Die Beklagte könne sich daher wirksam auf die Schranke des Zitatrechts berufen und habe keine Urheberrechtsverletzung begangen.