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Kategorie: Onlinerecht

OLG Celle: Arbeitgeber-Bewertungsplattform ist ggü. betroffenem Unternehmen nach § 21 TTDSG zur Auskunft verpflichtet

Im Falle einer Fake-Bewertung hat Arbeitgeber Auskunftsanspruch nach § 21 TTDSG.

Der Betreiber einer Arbeitgeber-Plattform ist ggü. dem betroffenem Unternehmen, das bewertet wurde, grundsätzlich zur Auskunft verpflichtet und muss die Daten des Bewertenden (Name, Anschrift, E-Mail-Adresse) herausgeben, wenn die Bewertung Fake ist und eine Straftat darstellt (OLG Celle, Beschl. v. 02.04.2024 - Az.: 5 W 10/24).

Die Klägerin betrieb ein Unternehmen und wurde auf der Arbeitgeber-Bewertungsplattform, die die Beklagte betrieb, außerordentlich negativ von einem Dritten bewertet. Sie machte daraufhin einen Auskunftsanspruch geltend und verlangte die gespeicherten Daten über den Dritten, der die Wertung abgegeben hatte (insb. Name, Anschrift, E-Mail-Adresse). Nach ihrem Standpunkt handle es sich um eine Fake-Bewertung, da der Dritte nie bei ihr angestellt gewesen sei. Sie benötigte die Daten, um gegen die Person vorgehen zu können.

Die Plattform legte daraufhin einen teilweise geschwärzten Vertrag vor, den sie bei dem Dritten als Nachweis für die Beschäftigung angefordert hatte. Aus dem Dokument ging hervor, dass die Klägerin die Arbeitgeberin des Dritten gewesen war. Zudem legte die Beklagte eine eidesstattliche Versicherung vor, dass ihr der Dritte weitere Dokumente (u.a. Kündigungsschreiben und Lichtbilder eines Online-Gruppen-Chats) vorgelegt habe, aus denen sich die Beschäftigung unzweifelhaft ergebe.

Der Klägerin reichten diese Angaben nicht und machte den Auskunftsanspruch, den sie auf § 21 TTDSG stützte, gerichtlich geltend. Sie trug vor, dass der Straftatbestand der üblen Nachrede (§ 186 StGB) bzw. Verleumdung (§ 187 StGB) durch die Fake-Bewertung erfüllt sei.

Vor dem LG Hannover bekam sie Recht. In der Rechtsmittelinstanz hingegen wies das OLG Celle das Begehren nun zurück.

Grundsätzlich sei § 21 TTDSG die richtige Anspruchsgrundlage, um solche Ansprüche durchzusetzen, so das OLG Celle:

"Nach § 21 Abs. 2 TTDSG darf ein Anbieter von Telemedien im Einzelfall Auskunft über bei ihm vorhandene Bestandsdaten erteilen, soweit dies zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche wegen der Verletzung absolut geschützter Rechte aufgrund rechtswidriger Inhalte, die von § 10 a Abs. 1 TMG oder § 1 Abs. 3 NetzDG erfasst werden, erforderlich ist. 

Gemäß § 1 Abs. 3 NetzDG sind rechtswidrige Inhalte Inhalte im Sinne des Abs. 1, die den Tatbestand der §§ 86, 86 a, 89 a, 91, 100 a, 111, 126, 129 - 129 b, 130, 131,140, 166, 184 b, 185 - 187, 189, 201 a, 241 oder 269 des StGB erfüllen und nicht gerechtfertigt sind."

Jedoch sah das OLG Celle - anders als die Vorinstanz - keinen hinreichend deutlichen Hinweis auf eine Straftat.

Daher sei auch das Auskunftsbegehren unbegründet:

"Allerdings ist der Senat nach Würdigung aller Umstände des vorliegenden Falles davon hinreichend überzeugt (...), dass die bewertende Person tatsächlich bei der Antragstellerin tätig gewesen ist.

a) Die Antragstellerin hat die Behauptung aufgestellt, dass "in dem Beitrag über ein tatsächlich nicht bestandenes Arbeitsverhältnis berichtet wird" (Seite 5 der Antragsschrift).

b) Die Beteiligte nimmt diese Behauptung der Antragstellerin in Abrede (z. B. Seite 7 des Schriftsatzes vom 7. September 2023, Bl. 56 d. A.). Soweit der Beteiligten in diesem Rahmen eine sekundäre Darlegungslast zukommen sollte, ist sie dieser hinreichend nachgekommen.

aa) Insbesondere unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofs in dem Urteil vom 1. März 2016 (VI ZR 34/15, juris Rn. 37 ff.), das - in Abgrenzung zum Auskunftsverfahren nach § 21 TTDSG - die eigene Haftung des Portalbetreibers als mittelbarer Störer betrifft - bejaht ein Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung auch im Auskunftsverfahren eine sekundäre Darlegungslast des beteiligten Portalbetreibers, weil dem jeweiligen Antragsteller insoweit eine nähere Darlegung nicht möglich sei und dieser auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung habe (OLG Nürnberg, Beschluss vom 17. Juli 2019 - 3 W 1470/19, juris Rn. 41). Andere Obergerichte lassen dahinstehen, ob den Diensteanbieter stets eine sekundäre Darlegungslast treffe und fordern aber, dass dieser etwaige Zweifel konkret benennt, soweit dies ihm möglich ist, ohne hierdurch bereits die Identität des Nutzers aufzudecken (OLG Köln, Beschluss vom 11. März 2021 - 15 W 10/21, juris Rn. 67; OLG Celle, Beschluss vom 7. Dezember 2020 - 13 W 80/20, juris Rn. 18).

bb) Der Senat muss sich dazu nicht verhalten. 

Denn in jedem Fall genügen vorliegend die von Seiten der Beteiligten durchgeführten Nachforschungen und -Prüfungen den - strengen - Anforderungen, die der Bundesgerichtshof - im Rahmen einer anderen Fallgestaltung - in Rn. 43 seines Urteils vom 1. März 2016 (VI ZR 34/15) aufgestellt hat: Die Beteiligte hat sich von Seiten der bewertenden Person den damaligen (ungeschwärzten) Arbeitsvertrag mit der Antragstellerin vorlegen lassen. Sie hat die Daten in diesem Arbeitsvertrag mit den im Bewerterprofil hinterlegten Daten abgeglichen. Darüber hinaus hat die Beteiligte bei der bewertenden Person die weitere Substantiierung ihrer Bewertung angefragt und daraufhin von der bewertenden Person ihr damaliges Kündigungsschreiben, Lichtbilder eines Online-Gruppen-Chats sowie eine ausführliche Stellungnahme zu den streitgegenständlichen Bewertungsaussagen erhalten. Darüber noch hinausgehende (Nachforschungs-)Tätigkeiten der Beteiligten sind aus Sicht des Senats kaum vorstellbar und jedenfalls nicht geboten."

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