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Kategorie: Onlinerecht

KG Berlin: Gegendarstellung bei einem Online-Video mit gesprochenem Text

Eine Gegendarstellung bei einem Video muss den ursprünglichen Text ebenfalls eingesprochen enthalten, ein Schriftzug und Musik reichen nicht aus.

Eine ausreichende Gegendarstellung bei einem gesprochenen Text in einem Video liegt nur dann vor, wenn auch der Text der Gegendarstellung eingesprochen wird. Ein Schriftzug "ENTFERNTES BILD" und die Platzierung von Musik genügt nicht (KG Berlin, Beschl. v. 08.05.2024 - Az.: 10 W 38/24).

Die Schuldnerin hatte ein Video veröffentlicht und dort bestimmte Behauptungen in Form eines eingesprochenen Textes wiedergegeben. Darauf wurde sie gerichtlich verpflichtet, eine Gegendarstellung zu veröffentlichen.

Als Folge änderte die Schuldnerin ihr Video wie folgt: Sie entferntes die betreffende Abbildung und blendete den Hinweis 

“ENTFERNTES BILD”

ein. Anstatt des eingesprochenen Textes untermalte sie das Video an dieser Stelle mit Musik.

Das KG Berlin sah darin keine ausreichende Gegendarstellung, denn es fehle an dem Merkmal der “gleichen Aufmachung”.

Nach § 20 Abs.1 MStV heißt es für Gegendarstellungen:

"§ 20 MStV Gegendarstellung:
(1) (…) Die Gegendarstellung ist ohne Einschaltungen und Weglassungen in gleicher Aufmachung wie die Tatsachenbehauptung anzubieten. Die Gegendarstellung ist so lange wie die Tatsachenbehauptung in unmittelbarer Verknüpfung mit ihr anzubieten.
(…)"

Zwar verlange die Norm keine Identität. Notwendig sei aber in jedem Fall eine gestaltungsidentische Darstellung, die die gleiche Aufmerksamkeit wie die erste Nachricht erreiche.

Diese Merkmale erfülle das abgeänderte Video nicht:

"Im Fall ist die Tatsachenbehauptung ein vom Geschäftsführer der Schuldnerin gesprochener Text. Eine im Sinne von § 20 Absatz 1 Satz 2 MStV gleiche Aufmachung verlangt es mithin, dass auch die Gegendarstellung gesprochen wird.

 Der Begriff der „gleichen Aufmachung“ verlangt zwar keine Identität. Notwendig ist aber eine mit der Erstinformation gestaltungsidentische Darstellung (…). 

Entscheidend ist, dass die Gegendarstellung die gleiche Aufmerksamkeit finden kann wie die Erstmitteilung. 

Es muss sichergestellt sein, dass der gleiche Interessentenkreis erreicht und der gleiche Grad an Aufmerksamkeit gewährleistet ist (..). Bei einem gesprochenen Text in einem Video verlangt dies eine Gegendarstellung, die ebenfalls gesprochen wird."

Auch hätte das Ursprungsvideo nicht abgeändert werden dürfen:

"Im Übrigen ist der Grundsatz der Waffengleichheit zu beachten. Auch dieser verlangt es aber, dass der Gläubiger vor demselben Forum mit derselben Publizität „zu Wort zu kommt“. Ein Abdruck erreicht beispielsweise für einen flüchtigen Betrachter nicht dieselbe Publizität wie ein gesprochener Text.

b) Eine Gegendarstellung nach § 20 Absatz 1 Satz 3 MStV verlangt außerdem, wie vom Landgericht auch beschlossen, dass die Gegendarstellung „in unmittelbarer Verknüpfung“ mit der Tatsachenbehauptung anzubieten ist.

aa) Hieraus und aus § 20 Absatz 1 Satz 4 MStV, der unter seinen Voraussetzungen verlangt, dass die Gegendarstellung an vergleichbarer Stelle angeboten wird, ist wohl zu schließen, dass es neben der Ursprungsveröffentlichung einer weiteren Veröffentlichung bedarf. Der Schuldner genügt seiner Pflicht also noch nicht, wenn er die Tatsachenbehauptung bloß löscht und an ihrer Stelle die Gegendarstellung veröffentlicht. 

Vielmehr muss er die Gegendarstellung in seinem (weiteren) „Angebot“ im Sinne von § 20 Absatz 1 Satz 1 MStV unter Hinweis (Link) auf die ursprüngliche Tatsachenbehauptung veröffentlichen. Für dieses Verständnis spricht auch die Überlegung der Gläubigerin, dass eine Gegendarstellung im Ausgangsbeitrag solche Personen nicht erreicht, die die unwahre Tatsachenbehauptung bereits in der Vergangenheit in dem Video zur Kenntnis genommen haben, das Video aber nunmehr nicht erneut anschauen werden."

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