In einem außerordentlich lesenswerten Interview bezieht der umstrittene Netz-Provider IN-telegence Stellung zu den Vorwürfen, er unternehme gegen das von seinen Kunden betriebene Fax-Spamming nichts.
Die IN-telegence-Juristin Dr. Silke Klaes vertritt den Standpunkt, der Gesetzgeber habe bei der Neu-Einführung des § 13 a TKV nicht so richtig gewußt, welche Konsequenzen diese Norm haben würden.
Die Norm lautet:
"§ 13 a
Nutzung von Mehrwertdiensterufnummern
Diejenigen, die Kunden Nummern, mittels derer neben Telekommunikationsdienstleistungen weitere Dienstleistungen angeboten werden (Mehrwertdiensterufnummern) zur Nutzung überlassen, haben diese Kunden schriftlich darauf hinzuweisen, dass keine Werbung, Sachen oder sonstige Leistungen unter Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften zugesandt oder sonst übermittelt werden dürfen. Hat derjenige, der einem Kunden eine Mehrwertdiensterufnummer zur Nutzung überlassen hat, gesicherte Kenntnis, dass diese Rufnummer unter Verstoß gegen Satz 1 genutzt wird, hat er unverzüglich geeignete Maßnahmen zur zukünftigen Unterbindung des Rechtsverstoßes zu ergreifen. Er hat insbesondere nach erfolgloser Mahnung soweit möglich die missbräuchlich verwendete Mehrwertdiensterufnummer zu sperren, wenn er gesicherte Kenntnis von einer wiederholten oder schwerwiegenden Zuwiderhandlung hat."
Klaes:
"Der Gesetzgeber lässt uns hier ziemlich im Dunkeln tappen. Offenbar hat er sich da viel zu wenige Gedanken gemacht. Ich behaupte mal, die Verordnungsänderung im letzten Jahr war ein Schnellschuss. Vielen der am Gesetzgebungsprozess Beteiligten hat es schlicht an technischem Verständnis zur Materie gemangelt. Es fehlt eine Definition des Begriffs „gesicherte Kenntnis“."
Diese Sichtweise ist wenig überzeugend. Schaut man nämlich in die Gesetzesbegründung, heißt es dort ausdrücklich:
"(...) Hierzu zählt insbesondere die Sperrung der missbräuchlich genutzten Mehrwertdiensterufnummer. Diese Handlungsverpflichtung entspricht der Verantwortlichkeit nach § 11 Teledienstegesetz (TDG), wonach Diensteanbieter für fremde Informationen verantwortlich sind."
Die Verantwortlichkeit nach § 11 TDG ist inzwischen durch eine Vielzahl von Urteilen als hinreichend geklärt anzusehen. Man kann zwar durchaus diskutieren, ob man die TDG-Pflichten nahtlos auf § 13 a TKV übertragen kann oder ob es nicht mediumspezifische Unterschiede gibt. Von einem "Schnellschuss" oder gar vom "im Dunkeln tappen" zu sprechen, konterkariert vielmehr die tatsächliche gesetzliche Lage und offenbart, wie die geäußerten Meinungen zu werten sind.
Ebenso erstaunlich ist die Interpretation der Voraussetzungen: Nur dann, wenn der gleiche Verbraucher sich ein weiteres Mal beschwert, wird IN-telegence erst aktiv. Spamt der Dritte unterschiedliche Verbraucher zu, soll nach Ansicht von Klaes IN-telegence gar keine Handlungspflicht treffen. In welche Stoßrichtung eine derartige Interpretation zielt, ist offensichtlich.
Auch in den weiteren Teilen des Interviews bekommt der Leser nicht den Eindruck, IN-telegence sei wirklich an der Lösung des Problems interessiert.