Bei der Berechnung des Schadensersatzes für die unerlaubte Übernahme einer Grafik sind sämtliche Umstände maßgeblich, so z.B. auch die Tarife einer zwischengeschaltete Agenturen. Für die fehlende Urheberbenennung fällt grundsätzlich ein 100%-Verletzeraufschlag an (AG München, Urt. v. 15.10.2021 - Az.: 142 C 1511/21).
Inhaltlich ging es um die unerlaubte Übernahme einer Illustration des Martinszug mit Sankt Martin auf einem Pferd in Anspruch. Der Beklagte verwendete die Grafik ohne Erlaubnis auf seiner privaten Homepage.
Der Kläger verlangte nun Schadensersatz iHv. rund 450,- EUR zzgl. einem 100%-Verletzeraufschlag, weil er als Urheber nicht genannt wurde. Der Beklagte zahlte außergerichtlich bereits eine Summe iHv. 200,- EUR.
Das AG München wies die Klage ab.
Höhe des Schadensersatzes:
Das Gericht bezweifelte bereits die konkrete Höhe des Schadensersatzes.
Denn mit Wissen und Wollen des Klägers könne die Grafik auch über eine Micro-Stock-Agentur im Internet erworben werden, wobei je nach Art und Umfang der Lizenz ein Preis bis zu 100,- EUR anfalle. Lediglich in dieser Höhe könne ein Anspruch überhaupt in Betracht kommen:
"Entgegen der Ansicht des Klägers sind auch die auf dem Agenturmarkt für die streitgegenständliche Grafik verlangten Preise nicht außer Acht zu lassen.
Letztlich handelt es sich auch hierbei um die „eigene Lizenzierungspraxis“ des Klägers, der den zwischengeschalteten Agenturen die Weiterlizenzierung gestattet hat und an den Einkünften beteiligt wird.
Zwar ist es richtig, dass bei der Bemessung des Lizenzschadens darauf abzustellen ist, was die Parteien selbst als Vertragspartner ohne Zwischenschaltung einer Agentur vernünftigerweise vereinbart hätten; die Marktpreise von Drittanbietern würden jedoch nach Auffassung des Gerichts in die Preisgestaltung und -verhandlung von vernünftigen Vertragspartnern sehr wohl einfließen, zumindest dergestalt, dass ein redlicher Anbieter keine Vergütung verlangen würde, die weit oberhalb des teuersten Angebots einer Agentur liegt. Andererseits gibt es jedoch auch keinen Erfahrungssatz, dass ein redlicher Kaufmann, der seine Produkte zu einem bestimmten Preis anbietet, einen interessierten Kunden an einen anderen Anbieter verweist, bei dem das Produkt zu einem günstigeren Preis erhältlich ist.
Demnach wäre es dem Kläger grundsätzlich vernünftigerweise auch nicht verwehrt, höhere Preise zu vereinbaren als diejenigen, die Agenturen verlangen. Ein vernünftiger Interessent dürfte sich auch nicht darauf zurückziehen, eine Leistung kostenfrei oder zum günstigsten Tarif zu erhalten. Ohnehin ist es dem Beklagten entgegen dessen Ansicht von Vornherein verwehrt, sich auf das günstigste oder gar ein kostenloses Angebot zu berufen, da wie ausgeführt der objektive Wert der Berechtigung maßgeblich ist.
Das Gericht geht daher grundsätzlich davon aus, dass eine Direktlizenzierung bei einem Rechteinhaber durchaus auch höhere Vergütungssätze als bei Drittanbietern rechtfertigen kann, da diese Vorgehensweise auch für den Lizenznehmer weitergehende Vorteile mit sich bringen kann (unmittelbarer Ansprechpartner im Inland, Vermeidung von Registrierungsprozessen, Laufzeitverträgen oder Erwerb von „Credits“ etc.)."
Verletzeraufschlag und 100 % Aufpreis:
Werde ein Urheber nicht benannt, falle grundsätzlich auch Verletzeraufschlag iHv. 100 % an.
Dies gelte jedoch nur dann, wenn der Anspruchsteller selbst Urheber ist. Handle es sich hingegen lediglich um den Rechteinhaber, könne dieser keinen Aufpreis verlangen:
"Zwar führt nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung die fehlende Urhebernennung grundsätzlich zu einem pauschalen 100%igen Zuschlag des für die jeweilige Nutzung üblichen Honorars (...).
Der Vortrag des Klägers im Hinblick auf den von ihm verlangten Zuschlag bleibt jedoch bereits nebulös. In seinen eigenen Nutzungsbedingungen (Anlage B 17) verlangt er für alle von ihm bezogenen Bilder eine Nennung seines eigenen Namens als Urheber. Im vorliegenden Fall ist er jedoch unstreitig nicht selbst Urheber der Grafik, so dass er die Nennung seines eigenen Namens jedenfalls vor dem Hintergrund des § 13 UrhG nicht verlangen kann."