Das Framing von Corona-Fotos mit Christian Lindner kann im Kontext aktueller Ereignisse urheberrechtlich zulässig sein. Es greift dann die gesetzliche Schranke des § 50 UrhG, wonach die Berichterstattung über Tagesereignisse auch ohne Genehmigung erlaubt ist (KG Berlin, Urt. v. 18.09.2023 - Az.: 24 U 110/22).
Die klägerische Fotoagentur besaß die Rechte an den streitgegenständlichen Fotos, auf denen der FDP-Politiker Christian Lindner abgebildet war. Es ging dabei um seinen Verstoß gegen die Corona-Regeln.
Ein Dritter hatte unerlaubt die Fotos bei X (ehemals Twitter) veröffentlicht.
Die Beklagte war ein öffentlich-rechtlicher Fernsehsender und hatte die Fotos mittels Framing bei sich auf den Webseiten eingebunden.
Die Rechteinhaberin sah in dem Framing eine Urheberrechtsverletzung und klagte.
Das KG Berlin teilte diese Ansicht nicht, sondern wies die Klage ab.
Denn das Handeln der Beklagten sei durch die gesetzliche Schranke des § 50 UrhG (Berichterstattung über Tagesereignisse) erlaubt:
"Nach § 50 UrhG ist zur Berichterstattung über Tagesereignisse durch Funk oder durch ähnliche technische Mittel, in Zeitungen, Zeitschriften und in anderen Druckschriften oder sonstigen Datenträgern, die im Wesentlichen Tagesinteressen Rechnung tragen, sowie im Film die Vervielfältigung und öffentliche Wiedergabe von Werken, die im Verlauf dieser Ereignisse wahrnehmbar werden, in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig. (…)
Hier hat die Beklagte in ihrer Hörfunksendung über zwei Tagesereignisse iSd § 50 UrhG berichtet und zwar, dass der Vorsitzende der FDP gegen die Corona-Regeln verstoßen hat und dieses ein Topthema im Netz ist. Im Beitrag hat der Moderator ausgeführt, dass „Topthema im Netz“ der hashtag „Lindner“ sei und die Fotos vom FDP-Chef für jede Menge Wirbel sorgten, weil er sich nicht an die Corona-Regeln halte."
Das Framing sei auch angemessen gewesen, denn die Berichterstattung habe den damaligen Corona-Regeln und etwaigen Verstößen durch Politiker betroffen:
"Die beanstandete Berichterstattung entspricht auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. (...)
Das ist hier der Fall. Die (…) Wiedergabe des Fotos (…) war geeignet, das mit der Berichterstattung verfolgte Informationsziel zu erreichen. Es sollte über den Verstoß gegen die Corona-Regel sowie den hashtag berichtet werden. Das Foto diente als Beleg für diese Berichterstattung.
Das Framing war auch erforderlich, weil kein gleich geeignetes Mittel zur Verfügung stand. Zudem entsprach diese Handlung den Anforderungen an eine Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne und war angemessen. Im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind die betroffenen Grundrechte des Rechts am geistigen Eigentum auf der einen Seite und die Meinungsäußerungsfreiheit und Informationsfreiheit auf der anderen Seite gegeneinander abzuwägen. (…)
Im Streitfall sind nach diesen Maßstäben bei der Auslegung und Anwendung der Verwertungsrechte und der Schrankenregelung auf der Seite der Klägerin das ihr als Urheberin zustehende, durch Art. 14 I GG geschützte ausschließliche Recht der öffentlichen Wiedergabe ihrer Werke zu berücksichtigen. Für die Beklagte streiten dagegen die Grundrechte der Meinungs- und Pressefreiheit gem. Art. 5 I 1 und 2 GG."
Und weiter:
"Die Abwägung dieser im Streitfall betroffenen Grundrechte führt in diesem Fall zu einem Vorrang der Meinungs- und Pressefreiheit.
Hier ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass der Bericht in der Anfangszeit der Corona-Pandemie im Mai 2020 im Hörfunk ausgestrahlt wurde und alle Personen in der Bundesrepublik Deutschland von den Einschränkungen durch die Pandemie und den Regelungen, die für alle Personen mit erheblichen Eingriffen verbunden waren, betroffen waren.
Die Grundrechte der Meinungs- und Pressefreiheit gewinnen dabei bei einem Konflikt mit anderen Rechtsgütern besonderes Gewicht, wenn sie – wie hier – Angelegenheit betreffen, die die Öffentlichkeit wesentlich berühren (…). Es ist daher von einem hohen Stellenwert des von der Beklagten wahrgenommenen Informationsinteresses der Öffentlichkeit auszugehen.
Das von der Klägerindurch Art. 14 I GG geschützte ausschließliche Recht zur öffentlichen Wiedergabe tritt daher dahinter zurück."