Der Betreiber einer Veranstaltung haftet für fremdes, wildes Plakatieren durch Dritte, wenn er die Plakate in Umlauf gebracht hat (LG Köln, Urt. v. 20.06.2024 - Az.: 14 O 275/23).
Die Klägerin war verantwortlich für die Müllabfuhr und die Straßenreinigung in der Stadt X verantwortlich und war auch Eigentümerin der öffentlichen Mülleimer.
Die Beklagte, eine politische Jugendorganisation, organisierte eine Veranstaltung in der Stadt X und verteilte dafür Plakate an ihre Unterorganisationen. Diese Plakate wurden in einer Vielzahl von Fällen unbefugt auf den Mülleimern der Klägerin angebracht.
Die Klägerin forderte die Beklagte zur Unterlassung und zum Ersatz von Anwaltskosten auf.
Die Beklagte verteidigte sich damit, dass sie die Plakate nur an ihre Unterorganisationen weitergegeben habe. Zudem habe sie den Hinweis erteilt, dass die Poster nur dort aufgehängt werden dürften, wo eine ausdrückliche Erlaubnis bestünde.
Das LG Köln sah die Beklagte in der Verantwortung und verurteilte sie.
Die Organisation sei mittelbare Handlungsstörerin, da sie die Poster verteilt und somit das wilde Plakatieren verursacht habe. Eine bloße Aufforderung an ihre Unterabteilungen, keine Plakate auf private Flächen zu kleben, reiche nicht aus, um sich zu exkulpieren:
"Die Beklagte ist hierfür als mittelbare Handlungsstörerin passivlegitimiert (…).
Mittelbarer Handlungsstörer ist, wer das störende Verhalten zwar nicht selbst unmittelbar vornimmt, es jedoch adäquat ursächlich veranlasst und in der Lage ist, die Störung zu verhindern. Dabei obliegt es dem derart in Anspruch Genommenen darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass er alles ihm billigerweise Zumutbare unternommen hat, um das störende Verhalten zu verhindern oder abzustellen (…)
Ein Veranstalter bzw. Mitveranstalter, welcher selbst die Plakate in Umlauf gebracht hat, ist verantwortlich für nachfolgendes Wildplakatieren. Denn wer Plakate in die Welt setzt, kann billigerweise damit rechnen, dass diese plakatiert werden (s.o. OLG Köln, Anlage K6 mit Verweis auf u.a. OLG Koblenz, NJW RR 2002, 1031)."
Und weiter:
"Von diesen Voraussetzungen ausgehend ist die Beklagte vorliegend als mittelbare Handlungsstörerin anzusehen. Die Beklagte ließ unstreitig die dafür genutzten Plakate herstellen und brachte sie in Umlauf.
Sie forderte mit der E-Mail in Anlage 2 (…) auch direkt zur vermehrten Werbung für die Veranstaltung auf. Sie hatte also ein besonderes Interesse daran, dass die zur Verfügung gestellten Plakate weite Verbreitung erfahren. Sie lobte in der o.g. E-Mail auch einen Preis für die Gruppe mit den meisten verkauften Tickets aus. Hierin liegt ohne Weiteres die adäquat kausale Veranlassung.
Die Beklagte war auch in der Lage, die Störungen zu beseitigen. So wie sie zur Werbung aufforderte, hätte sie im Umkehrschluss auch den Werbestopp bzw. die Entfernung aller Plakate anordnen können. Auch insoweit ist die Verantwortlichkeit der Beklagten anzunehmen.
Die Beklagte konnte hingegen nicht vortragen, geschweige denn beweisen, dass sie alles Zumutbare zur Verhinderung der hiesigen „Wildplakatiererei“ unternommen hat. Für die Klägerin spricht der Beweis des ersten Anscheins, dass die Beklagte in der Lage war, das Plakatieren zu verhindern (…)."
Und schließlich:
"Diesen Anscheinsbeweis hat die Beklagte nicht erschüttert. Denn es kann unterstellt werden, dass die Beklagte nur in der E-Mail in Anlage 2 (…) folgende Anmerkung gemacht hat:
„Wie immer gilt: hängt nur Plakate dort auf, wo ihr es abgesprochen habt bzw. eine Erlaubnis habt, in keinem Fall an öffentlichen Orten wie Litfaßsäulen, Bahnhöfen, Wänden, Mülleimern, Stromkästen etc. da diese Orte in der Regel privat sind.“
Dies genügt nach Ansicht des Gerichts nicht.
Wie in den oben genannten Entscheidungen des LG Köln und OLG Köln (…) meint auch das hiesige Gericht, dass die Gefahr der Plakatierung auf „privaten Flächen“ vorliegend ganz naheliegend war und deshalb auch die rein schriftliche Aufforderung erfolgte, dass diese Orte nicht plakatiert werden sollen.
Es ist aber auch offensichtlich, dass diese rein kommunikative Beschränkung nicht effektiv ist und vor allem keine Rückverfolgbarkeit der unmittelbaren Störer bzw. Täter ermöglicht. Die vom LG Köln (…) genannte Möglichkeit der Nummerierung und Rückverfolgbarkeit von Plakaten hält auch das hiesige Gericht für naheliegend, zumutbar und effektiv. Dann hätte sich die subsidiär haftende Beklagte als mittelbare Störerin durch Preisgabe der Information zu den potentiellen unmittelbaren Störern aus der Haftung befreien können und zugleich der Klägerin die Rechtsdurchsetzung zu den tatnäheren Beteiligten eröffnen können, bei denen ggf. auch Schadensersatzansprüche durchgesetzt werden könnten.
Hinzu kommt, dass die Beklagte vorliegend in keiner Weise Informationen zu den Abnehmern der Plakate gemacht hat. Dabei hat es gerade in der durch die Satzung des(…) ersichtlichen Struktur nahegelegen, dass für die Plakatierung in (…) der ansässige Orts- oder Landesverband verantwortlich war."